In einem Urteil vom 13. August 2025 hiess das Bundesgericht die Beschwerden gut, die Helvetia Nostra und Anwohnende gegen die 2022 erteilte Baubewilligung für das gigantische Bauvorhaben auf dem «Grands-Prés» in Montreux eingelegt hatten. Die Gemeinde muss nun den Volkswillen umsetzen und das Gelände im Rahmen ihrer kommunalen Nutzungsplanung schützen. Es ist das Ende eines jahrelangen Rechtsstreits für die Fondation Franz Weber – und der Beginn einer neuen Ära für die Grands-Prés und Montreux.
Ein völlig überzogenes Projekt
Mehrere Jahre lang versuchten die Gemeinde Montreux, die Retraites Populaires und die Wohnungsbaugenossenschaft SOCIM, das Grundstück Nr. 2052, bekannt als «Grands-Prés», in einen weitläufigen Wohnbezirk umzuwandeln, den sie als «Ökoviertel» präsentierten. Rund 232 Wohnungen, 245 Parkplätze, eine Kinderkrippe und Geschäfte sollten dort entstehen. Dafür wären 25 000 Quadratmeter Naturfläche geopfert worden. Die letzte grüne Lunge von Clarens-Chailly in unmittelbarer Nähe zur Autobahnausfahrt Montreux sollte in eine Betonwüste verwandelt werden.
Ein klares Nein
Helvetia Nostra erhob Einsprache gegen das Projekt, das jedoch durch einen Sondernutzungsplan genehmigt wurde. Unsere Hoffnung war, dass die Aufhebung des neuen Rahmennutzungsplans von Montreux durch das Bundesgericht im Jahr 2020 die Gemeinde zur Vernunft bringen und dazu zwingen würde, das Grundstück wenigstens als reservierte Fläche auszuweisen. Doch die Gemeinde zeigte sich uneinsichtig, was den Beginn eines langen und schwierigen Rechtsstreits markierte.
71 Prozent der Stimmen für die Initiative «Sauver les Grands-Prés»
2022 wandte sich die Vereinigung zur Rettung der Grands-Prés an die Fondation Franz Weber (FFW) mit der Bitte, sie bei der Einleitung einer kommunalen Volksinitiative zu unterstützen. Ziel der Initiative war ein komplettes Bauverbot auf den Grands-Prés.
Die FFW schaltete unverzüglich ihre Anwälte und Experten ein und mobilisierte ihre Ressourcen, um einen klaren Text zu verfassen: Das Grundstück Nr. 2052 sollte als unbebaubare Grünfläche ausgewiesen und in einen öffentlich zugänglichen Naturpark umgewandelt werden, der der Erholung und dem Schutz der Artenvielfalt dient.
Während der gesamten Kampagne stand die FFW der lokalen Vereinigung tatkräftig zur Seite. Sie leistete finanzielle und personelle Unterstützung, erstellte die Website, betreute die Kommunikation in den sozialen Netzwerken und konzipierte die Kampagnenplakate. Zudem engagierte die FFW einen Landschaftsarchitekten, der eine Vision für den Naturpark entwarf.
Am 18. Juni 2023, nach einer intensiven Kampagne, nahmen die Bürgerinnen und Bürger von Montreux die Initiative mit über 71 Prozent der Stimmen an. Das Gelände durfte also nicht bebaut werden.
Baubewilligung bei laufender Kampagne
Kurz nach dem Start der Initiative – und obwohl sie diese für gültig erklärt hatte – erteilte die Gemeinde dennoch die Baubewilligung. Eine, gelinde gesagt, unkluge Entscheidung! Doch die Bauträger übten massiven Druck auf die Behörden aus und drohten sogar mit Schadensersatzklagen, falls das Projekt nicht realisiert werden könne.
Helvetia Nostra sah sich daher gezwungen, beim Kantonsgericht Beschwerde gegen die Baubewilligung einzulegen. Diese wurde jedoch vom Gericht für Verwaltungs- und öffentliches Recht mit der Begründung abgelehnt, dass das Interesse an der Bebauung und die Gültigkeit des Sondernutzungsplans höher zu gewichten seien.
Das Bundesgericht stellt sich auf die Seite des Volkes
Das am 13. August 2025 vom Bundesgericht gefällte Urteil (1C_200/2024 und 1C_208/2024) zieht nun endlich einen Schlussstrich unter diesen abenteuerlichen Gang durch die Instanzen, indem es die Baubewilligung schlicht und einfach aufhebt. Das höchste Gericht der Schweiz stellte fest, dass sich die Umstände seit der Verabschiedung des Sondernutzungsplans grundlegend geändert hätten, denn:
auf Einsprache von Helvetia Nostra hin wurde der Rahmennutzungsplan (nPGA), auf dem dieser Teilplan beruhte, 2020 mit der Begründung abgelehnt, dass die Bauzone ganz offensichtlich zu gross angesetzt sei,
das unbebaute Grundstück enthält Naturwerte (bedeutende Bäume, Obstgärten, Wiesen, Wildtierkorridor), und vor allem stimmten im Juni 2023 71 Prozent der Bürgerinnen und Bürger von Montreux für die von der Fondation Franz Weber und Helvetia Nostra aktiv unterstützte Volksinitiative «Sauver les Grands-Prés», in der die Einstufung des Geländes als Grünzone und die Schaffung eines öffentlich zugänglichen Naturparks darauf gefordert wurde.
Indem die Gemeinde Montreux die Baubewilligung trotz dieser Initiative erteilte, ging sie das Risiko ein, den Volkswillen zu untergraben. Wie das Bundesgericht betont, darf die Stabilität der Pläne nicht höher bewertet werden als ein so wichtiges öffentliches Interesse wie der Schutz der Landschaft und der lokalen Demokratie.
Urteil schafft Signalwirkung für weitere Naturschutzprojekte
Mit diesem Urteil ist die Baubewilligung endgültig aufgehoben. Die Gemeinde muss nun den Volkswillen umsetzen und den Schutz des Geländes sicherstellen, insbesondere durch die rasche Verabschiedung eines Teilnutzungsplans.
Dieser Sieg ist jedoch nicht nur für die Grands-Prés von Bedeutung. Tatsächlich schafft er einen Präzedenzfall, der auch den Schutz anderer Naturgebiete stärken könnte, für die sich die FFW und Helvetia Nostra seit Jahren einsetzen – wie etwa das ganz in der Nähe der Grands-Prés gelegene Grundstück «En Chautemay», wo Bauherren planen, einen kleinen Wald für die Errichtung von sechs Gebäuden zu fällen.
Schaffung eines Naturparks Grands-Prés
Die FFW hat bereits angeboten, der Gemeinde bei der Schaffung des künftigen Naturparks Grands-Prés zu assistieren. Während die Rechtsunsicherheit bisher ein Hindernis für die Gemeinde darstellte, kann sie jetzt den nächsten Schritt einleiten und das Grundstück in einen in der Schweiz einzigartigen Ort verwandeln. Einen Ort, an dem die Artenvielfalt geschützt wird und der zugleich eine Oase der Erholung für die Bürgerinnen und Bürger ist.
Dieser Sieg zeigt, wie wirksam lokale Initiativen beim Schutz der Natur in Stadtgebieten sind und erinnert uns daran, wie wichtig es ist, bis zum Ende am Ball zu bleiben.