13.05.2025
FONDATION FRANZ WEBER

Geburt eines Elefantenbabys: Der Zoo Zürich spielt mit dem Feuer

Der Zoo Zürich hat am Osternwochenende die Geburt eines Elefantenbabys bekannt gegeben und dazu bewegende Bilder und Videos veröffentlicht. Hinter dieser «guten Nachricht» verbirgt sich jedoch eine düstere Realität: Die Überlebenschancen des Kleinen sind gering. In Gefangenschaft können die Grundbedürfnisse von Elefanten nicht erfüllt werden, und sie sind zahlreichen physischen und psychischen Belastungen sowie verschiedenen Krankheiten ausgesetzt, darunter tödliche Viren wie EEHV-Herpes. Ein Elefantenbaby im Namen der sogenannten «Arterhaltung» zu einem Leben in Langeweile und Leid zu verdammen, ist eine gefährliche Illusion. Es ist höchste Zeit, dass Zoos die Zuchtprogramme für Elefanten in Gefangenschaft beenden.

Am 19. April 2025 wurde im Zoo Zürich ein asiatisches Elefantenbaby geboren. In einer Pressemitteilung vom selben Tag spricht der Zoo von «vorsichtigem Optimismus», da «die ersten Lebenswochen eines Elefantenbabys immer die schwierigsten sind». Der Zoo erklärt weiter, dass es dem Elefantenbaby recht gut geht und dass seine Mutter, die Elefantin Farha(2005 im selben Zoo geboren), ihre Mutterrolle perfekt ausfüllt, eine Rolle, die sie gut kennt, da sie bereits drei Junge zur Welt gebracht hat. Was der Zoo nicht sagt, ist, dass Farhatatsächlich nur ein einziges lebensfähiges Elefantenbaby zur Welt gebracht hat (Ruwani, geboren 2017, inzwischen am endothelotropen Herpesvirus der Elefanten (EEHV)verstorben). Die beiden anderen Kleinen starben kurz nach ihrer Geburt. Seit 2020 sind zwei weitere im Zoo Zürich geborene Elefantenbabys von verschiedenen Müttern gestorben, eines an Herpes, das andere wurde von den anderen Elefanten im Gehege zu Tode getrampelt (siehe insbesondere die Pressemitteilung der FFW vom 17. Januar 2023). 

Der Zoo hat Grund zur Sorge: Die Sterblichkeitsrate von Elefantenbabys in Gefangenschaft, insbesondere in Zürich, ist sehr hoch. Die Risiken hängen untrennbar mit den Haltungsbedingungen zusammen, die naturgemäss nicht den Bedürfnissen von Elefanten gerecht werden und für diese hochintelligenten Tiere extrem stressreich sind. Elefanten in Gefangenschaft sind besonders anfällig für das Herpesvirus (EEHV), das für Jungtiere oft tödlich ist, während Elefanten in freier Wildbahn offenbar gut daran angepasst sind, eine Infektion zu überleben. Zur Erinnerung: Allein im Jahr 2022 starben im Zoo Zürich drei Elefanten am Herpesvirus. Es besteht daher ein ernsthaftes Risiko, dass das Neugeborene, das den Namen «Zali» erhalten hat, sich mit der Krankheit ansteckt und daran sterben wird.

Zu diesem Risiko kommt hinzu, dass Elefanten in freier Wildbahn normalerweise nur alle vier bis fünf Jahre trächtig werden Farhas letzte Schwangerschaft jedoch liegt erst ein Jahrzurück (2023), als sie ihr Kalb kurz nach der Geburt verlor. «Es ist physisch und psychisch schädlich für eine Elefantin, innerhalb so kurzer Zeit wiederholt trächtig zu werden, zumal alle ihre früheren Jungen gestorben sind. Die Besessenheit des Zoos von der Fortpflanzung ist grausam und unverantwortlich», bemerkt Dr. Keith Lindsay, Elefantenbiologe und Mitglied der IUCN-Fachgruppe für Afrikanische Elefanten. 

Männliche Elefanten sind in Gefangenschaft besonders schwierig zu halten, da Zoos nicht über den notwendigen Platz verfügen, um ihnen ein natürliches soziales Umfeld zu bieten, in dem sie mit anderen Männchen und Weibchen zusammenleben können. Stattdessen werden sie schon in jungen Jahren von ihren Artgenossen getrennt und sehen sie nie wieder. Beabsichtigt der Zoo Zürich, den kleinen Zali zu behalten, wenn er geschlechtsreif istsofern er überlebt und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Oder wird er an eine andere Einrichtung in Europa oder anderswo abgeben? Neue Tiere zu zeugen, ohne ihre Zukunft zu planen, erscheint ebenso unverantwortlich.

Ein Elefant im Zoo ist nur ein blasser Abklatsch eines Elefanten in freier Wildbahn. Zali ist, wenn er überlebt, zu einem Leben in Gefangenschaft, Stress und Verzweiflung verdammt. Aber warum? Laut dem Zoo würde «eine erfolgreiche Fortpflanzung» «einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Art im Rahmen des Europäischen Zuchtprogramms (EEP)» leisten. Zoos wollen damit eine «Reservepopulation» schaffen, da die Art in freier Wildbahn bedroht ist. Mit anderen Worten: Sie wollen eine «Tierbank» für den Fall aufbauen, dass die Art ausstirbt.

Allerdings wurden in Zoos geborene Elefanten noch nie in die Wildnis entlassen. Die einzigen erfolgreichen Auswilderungen betreffen Elefanten, die in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gehalten wurden – ein Prozess der viel Zeit und erhebliche Ressourcen erfordert. «Sie haben nicht nur nie gelernt, in freier Wildbahn zu überleben, sondern es existiert derzeit auch kein glaubwürdiges Programm zur Rückführung von Elefanten in Gefangenschaft in ihren natürlichen Lebensraum», erklärt Tom Sciolla, FFW-Experte für Biodiversität und Zooumwandlung. Tatsächlich war das Hauptziel der Zucht in Zoos nie der Artenschutz, sondern vielmehr die Anziehung von Besuchern: Elefantengeburten steigern die Besucherzahlen und damit die Einnahmen dieser Einrichtungen. 

Unterdessen gehen die Bestände wildlebender Elefanten in Afrika und Asien weiter zurückweil es an Ressourcen fehlt, um ihre Lebensräume zu schützen, Wilderei zu bekämpfen undKonflikte mit Menschen zu verhindern. Die beträchtlichen Mittel, die in die Zucht in Gefangenschaft investiert werden, wären um ein Vielfaches wirksamer, wenn sie für den Schutz in der natürlichen Umgebung eingesetzt würden, wo Elefanten noch eine Chance haben, in Freiheit zu leben. «Elefanten-Zuchtprogramme sind grausam, ineffizient und überholt. Deshalb fordert die Fondation Franz Weber seit mehreren Jahren ihre Einstellung», erklärt Vera Weber, Präsidentin der FFW. 

Zoos müssen daher aufhören, neue Elefanten aufzunehmen oder sie zur Fortpflanzung zu verwenden. Für einige der noch in Zoos gehaltenen Elefanten gibt es eine Alternative: ihre Verlegung in Schutzgebiete. Zwar handelt es sich dabei immer noch um Gefangenschaft, doch sind diese Einrichtungen so gestaltet, dass sie ihrem natürlichen Lebensraum so weit wie möglich ähneln, mit Erdböden, üppiger Vegetation, Wasserquellen, Bewegungsfreiheit und der Möglichkeit, soziale Bindungen ihrer Wahl zu knüpfen. Im Gegensatz zu den kleinen Betongehegen in Zoos bieten Schutzgebiete den Elefanten eine Umgebung, die ihren physischen und psychischen Bedürfnissen besser entspricht.

Die Fondation Franz Weber, die sich in der Schweiz und weltweit für den Natur- und Tierschutz einsetzt, hat bereits vier Elefanten aus argentinischen Zoos ein neues Leben ermöglicht – durch ihre Umsiedlung ins Elephant Sanctuary in Brasilien. Am 20. April 2025, dem Tag der Geburt des Elefantenbabys Zali im Zoo Zürich, begleitete das Team der FFW die Afrikanische Elefantin Pupy bei ihrer Ankunft in diesem Zufluchtsort. Pupy wurde in den 1990er Jahren im Kruger-Nationalpark in Südafrika geboren und verbrachte mehr als 30 Jahre in Gefangenschaft im Zoo von Buenos Aires. Heute entdeckt sie endlich die relative Freiheit einer natürlichen, weiten und friedlichen Umgebung, in der sie wieder ihr arteigenesVerhaltenausleben kann.

In Europa gibt es eine Elefantenauffangstation in Frankreich, eine weitere ist in Portugal im Bau. Anstatt Elefanten weiterhin in Gefangenschaft zu halten, was mit grossem Leid und erheblichen Risiken verbunden ist, sollten Schweizer Zoos einen ethischeren und zukunftsorientierten Ansatz in Betracht ziehen. Es ist an der Zeit, die Haltung von Elefanten in Zoos zu überdenken und ernsthaft die Möglichkeit zu prüfen, sie schrittweise in Schutzgebiete zu verlegen, die so gestaltet sind, dass sie den physischen, sozialen und psychologischen Bedürfnissen dieser sensiblen und intelligenten Wesen bestmöglich gerecht werden. Diesen Elefanten ein würdigeres Leben zu ermöglichen, wäre ein echtes Bekenntnis zum Tierschutz.

Farha – Mutter von Zali

Farha ist eine asiatische Elefantin (Elephas maximus), die am 3. Mai 2005 im Zoo Zürich als Tochter von Maxi und Ceyla-Himali (beide verstorben) geboren wurde. Sie ist die erste Elefantin, die im 2014 eröffneten Kaeng Krachan Park geboren wurde, einem Teil im Zoo Zürich, das zwar grösser ist als zuvor, aber weit entfernt von den Wäldern und Ebenen, in denen ihre Vorfahren seit Jahrtausenden gelebt haben. Die Anlage ist nach dem thailändischen Nationalpark Kaeng Krachan benannt, um auf den asiatischen Ursprung der Elefanten hinzuweisen. Sie beherbergt die asiatischen Elefanten des Zoo Zürich und soll Assoziationen an natürliche Lebensräume wecken – tatsächlich handelt es sich jedoch um ein Gefängnis in modernerer Architektur, nicht um ein Schutzgebiet oder Freilandreservat.

Farha hat nie Freiheit gekannt. Seit ihrer Geburt lebt sie hinter Mauern und Gittern, unterliegt den Zwängen der Gefangenschaft, der ständigen Beobachtung durch die Öffentlichkeit und auferlegten Routinen. Sie hat vier Junge zur Welt gebracht: Ruwani, der 2022 im Alter von fünf Jahren an den Folgen eines Herpesvirus starb; ein Weibchen, das kurz nach seiner Geburt im Jahr 2020 starb; ein 2023 tot geborenes Männchen; und schliesslich ein Junges, das im April 2025 geboren wurde und dessen Schicksal noch ungewiss ist. Farhas Leben ist wiedas vieler Elefanten in Gefangenschaftist geprägt von Entbehrungen, wiederholter Trauer und dem Fehlen all dessen, was das Leben eines freilebenden Elefanten so reich macht: weiteWanderungen, ausgedehnte soziale Bindungen, Wahlmöglichkeiten und Erkundungen.

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