Der Zoo Zürich hat vor Kurzem – untermalt mit rührenden Bildern und Videos – bekannt gegeben, dass am Osterwochenende ein Elefantenbaby zur Welt gekommen sei. Doch hinter dieser «frohen Botschaft» verbirgt sich eine hässliche Realität, denn die Überlebenschancen des Neugeborenen sind äusserst gering. In Gefangenschaft ist es unmöglich, die Grundbedürfnisse von Elefanten zu befriedigen, und die Tiere sind zahlreichen physischen und psychischen Belastungen sowie verschiedenen Krankheiten ausgesetzt. Es ist höchste Zeit, dass die Zoos ihre Programme zur Zucht von Elefanten in Gefangenschaft beenden.
Am 19. April 2025 wurde im Zoo Zürich ein asiatisches Elefantenbaby geboren. In einer noch am selben Tag veröffentlichten Pressemitteilung zeigt sich der Zoo «vorsichtig optimistisch», denn «die ersten Lebenswochen eines Jungtieres sind immer die heikelsten». Das Elefantenbaby, so erklärt der Zoo weiter, sei in guter Verfassung und seine Mutter, die Elefantin Farha (die 2005 in diesem Zoo geboren wurde) meistere die Mutterrolle perfekt. Eine Rolle, die ihr vertraut sei, da sie in der Vergangenheit bereits drei Junge zur Welt gebracht habe. Was der Zoo nicht erwähnt, ist, dass Farha nur ein einziges überlebensfähiges Kalb zur Welt gebracht hat: Ruwani, die 2017 geboren wurde jedoch später dem endotheliotropen Elefanten-Herpesvirus (EEHV) erlag. Die zwei anderen Jungtiere starben bereits kurz nach ihrer Geburt. Seit 2020 verstarben zwei weitere Elefantenjunge von verschiedenen Müttern, eines am Herpesvirus, das andere wurde von den anderen Elefanten im Gehege totgetrampelt (siehe Pressemitteilung der FFW vom 17. Januar 2023).
Der Zoo hat Grund zur Sorge, denn die Todesrate von in Gefangenschaft lebenden Elefantenbabys ist sehr hoch – insbesondere im Zoo Zürich. Die Risiken ergeben sich unmittelbar aus der Haltung in Gefangenschaft, die den Bedürfnissen der Elefanten zwangsläufig nicht gerecht wird und die für diese hochintelligenten Tiere mit extremem Stress verbunden ist. Elefanten in Gefangenschaft sind besonders anfällig für das Herpesvirus (EEHV), das für Kälber oft tödlich verläuft, während Elefanten in freier Wildbahn offensichtlich so gut daran angepasst sind, dass sie eine Ansteckung überleben. Zur Erinnerung: Allein im Jahr 2022 starben drei Elefanten im Zoo Zürich am Herpesvirus. Die Gefahr ist also hoch, dass das Neugeborene, das den Namen «Zali» trägt, sich ebenfalls damit ansteckt und stirbt.
Hinzu kommt, dass bei Elefantenpopulationen in freier Wildbahn der Abstand zwischen Schwangerschaften normalerweise vier bis fünf Jahre beträgt, während Farha erst 2023 zum letzten Mal trächtig war (als sie ihr Baby kurz nach der Geburt verlor). «Für eine Elefantenkuh ist es sowohl physisch als auch psychisch verheerend, in so kurzer Zeit immer wieder trächtig zu werden, umso mehr, als alle ihre früher geborenen Jungen gestorben sind. Die Gier des Zoos nach Nachwuchs ist grausam und verantwortungslos», betont Dr. Keith Lindsay, Elefantenbiologe und Mitglied der Expertengruppe für Afrikanische Elefanten der IUCN.
Männliche Elefanten in Gefangenschaft zu halten, ist zudem noch schwieriger, da Zoos nicht über ausreichend Platz verfügen, um ihnen ihr natürliches soziales Umfeld zu bieten, in dem sie mit anderen Bullen und Kühen interagieren können. Stattdessen werden sie von frühester Kindheit an von ihren Artgenossen getrennt und sehen sie nie wieder. Beabsichtigt der Zoo Zürich den kleinen Zali zu behalten, wenn er geschlechtsreif wird – falls er überlebt –, und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Oder wird er ihn in eine andere Einrichtung in oder ausserhalb von Europa abgeben? Jungtiere zu zeugen, ohne ihre Zukunft zu sichern, ist ebenso verantwortungslos.
Ein Elefant in einem Zoo ist nurmehr ein blasses Abbild eines Elefanten in freier Wildbahn. Falls Zali überlebt, ist er zu einem Leben in Gefangenschaft voller Stress und Verzweiflung verdammt. Doch zu welchem Zweck? Nach eigenen Aussagen leistet der Zoo «mit einer erfolgreichen Zucht einen wichtigen Beitrag zum Arterhalt im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms EEP». Die Zoos wollen also eine «Reserve-Elefantenpopulation» schaffen, da die Art in freier Wildbahn bedroht ist. Mit anderen Worten, sie wollen eine «Tierbank» für den Fall aufbauen, dass die Art ausstirbt.
Tatsächlich jedoch wurde noch kein einziger im Zoo geborener Elefant in die Freiheit entlassen. Lediglich Elefanten, die in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gefangen gehalten wurden, wurden erfolgreich ausgewildert, was mit einem nicht unerheblichen Aufwand an Zeit und Ressourcen verbunden war. «Abgesehen davon, dass sie nie gelernt haben, in freier Wildbahn zu überleben, existiert aktuell kein einziges seriöses Programm, um in Gefangenschaft lebende Elefanten in ihren natürlichen Lebensraum zurückzuführen», erläutert Tom Sciolla, Experte der FFW für den Erhalt der Biodiversität und die Umwandlung von Zoos. In Wirklichkeit geht es den Zoos bei der Zucht nicht um den Arterhalt, sondern darum, möglichst viele Besucherinnen und Besucher anzulocken. Elefantenbabys steigern die Besucherzahlen und den Verkauf von Eintrittskarten – und damit die Einnahmen dieser Einrichtungen.
Unterdessen schrumpfen die Populationen freilebender Elefanten in Afrika und Asien weiter, da es an Ressourcen fehlt, um ihre Lebensräume zu schützen, Wilderei zu bekämpfen und Konflikten mit Menschen vorzubeugen. Die beträchtlichen Mittel, die für die Zucht in Gefangenschaft aufgewendet werden, wären sehr viel sinnvoller investiert, wenn sie dem Arterhalt im natürlichen Lebensraum zugutekämen, wo die Elefanten noch die Chance haben, in Freiheit zu leben. «Elefantenzuchtprogramme sind grausam, ineffizient und überholt. Deshalb fordert die Fondation Franz Weber schon seit Jahren ihre Einstellung», erklärt Vera Weber, Präsidentin der FFW.
Zoos müssen daher damit aufhören, neue Elefanten aufzunehmen und zu züchten. Für einige der noch in Zoos gehaltenen Elefanten existiert eine Alternative, nämlich ihre Überführung in Schutzgebiete. Zwar leben die Tiere dort weiterhin in menschlicher Obhut, doch sind diese Orte so gestaltet, dass sie ihrem natürlichen Lebensraum so ähnlich wie möglich sind und ihnen Böden aus Erde, eine üppige Vegetation, Wasserquellen und Bewegungsfreiheit bieten sowie die Möglichkeit, frei gewählte soziale Bindungen einzugehen. Anders als in den beengten Betongehegen in Zoos, leben die Elefanten in Schutzgebieten in einer Umgebung, die ihren physischen und psychischen Bedürfnissen viel besser gerecht wird.
Die Fondation Franz Weber, die sich für den Schutz der Natur und der Tiere in der Schweiz und der ganzen Welt einsetzt, hat bereits vier Elefanten aus argentinischen Zoos ins Elefantenschutzgebiet in Brasilien überführt und ihnen so ein neues Leben geschenkt. Am 18. April 2025, fast an dem Tag, als das Elefantenbaby Zali im Zoo Zürich zur Welt kam, stand das Team der FFW Pupy bei ihrer Ankunft in diesem Hort des Friedens zur Seite. Pupy, die in den 1990er Jahren im Kruger-Nationalpark in Südafrika geboren wurde, ist eine afrikanische Savannenelefantin, die mehr als dreissig Jahre in Gefangenschaft im Zoo von Buenos Aires verbracht hat. Nun kommt sie endlich in den Genuss der relativen Freiheit einer weitläufigen und friedlichen natürlichen Umgebung, in der sie sich wieder so verhalten kann, wie es ihrer Art entspricht.
In Europa gibt es bereits ein Elefantenschutzgebiet in Frankreich; ein weiteres wird gerade in Portugal errichtet. Statt weiterhin Elefanten in Gefangenschaft zu züchten, was mit viel Leid und erheblichen Risiken einhergeht, sollten Schweizer Zoos einen ethischeren und nachhaltigeren Ansatz verfolgen. Es ist höchste Zeit, die Haltung von Elefanten in Zoos zu hinterfragen und ernsthaft die Möglichkeit zu prüfen, sie nach und nach in Schutzgebiete zu verlegen, in denen die physischen, sozialen und psychischen Bedürfnisse dieser sensiblen und intelligenten Tiere am besten befriedigt werden. Diesen Elefanten ein würdigeres Leben zu ermöglichen, wäre ein echtes Bekenntnis zum Tierwohl.
Farha – die Mutter von Zali
Farha, eine asiatische Elefantenkuh (Elephas maximus), wurde am 3. Mai 2005 im Zoo Zürich geboren. Sie ist die Tochter von Maxi und Ceyla-Himali, die beide tot sind. Sie war der erste Elefant, der im 2014 eröffneten Park Kaeng Krachan geboren wurde, einem Areal im Zoo Zürich, das vielleicht grösser ist als zuvor, jedoch weit entfernt von den Wäldern und Ebenen liegt, in denen ihre Vorfahren jahrtausendelang gelebt haben. Die Anlage ist nach dem thailändischen Nationalpark Kaeng Krachan benannt, um auf den asiatischen Ursprung der Elefanten hinzuweisen. Sie beherbergt die asiatischen Elefanten des Zoo Zürich und soll Assoziationen an natürliche Lebensräume wecken – tatsächlich handelt es sich jedoch um ein Gefängnis in modernerer Architektur, nicht um ein Schutzgebiet oder Freilandreservat.
Farha hat die Freiheit nie kennengelernt. Seit ihrer Geburt lebt sie hinter Mauern und Gitterstäben und ist den Zwängen eines Lebens in Gefangenschaft unterworfen, der ständigen Beobachtung durch das Publikum und der ihr auferlegten Routine. Sie hat vier Junge zur Welt gebracht: Ruwani, die 2022 mit nur fünf Jahren an den Folgen des Herpesvirus starb; ein weiteres Weibchen, das 2020 kurz nach der Geburt starb; ein im Jahr 2023 totgeborenes Männchen – und schliesslich ein im April 2025 geborenes Kalb mit ungewissem Schicksal. Wie bei so vielen Elefanten in Gefangenschaft ist Farhas Leben geprägt von Entbehrungen, wiederkehrender Trauer und dem Mangel an allem, was das Leben eines Elefanten in freier Wildbahn so erfüllend macht: lange Wanderungen, starke soziale Bindungen, Wahlfreiheit und Erkundungen.