Es ist nicht gut bestellt um die Biodiversität in der Schweiz und der Welt. Zahlreiche Arten sind bereits ausgestorben und anderen droht dasselbe Schicksal. Die Integrität der grossen Ökosysteme, die das Gleichgewicht der Biosphäre gewährleisten, ist beeinträchtigt und der ökologische Kreislauf von Wasser und Klima gestört.
Manchmal wird die Natur sogar ausgerechnet im Namen des Umweltschutzes gefährdet, etwa wenn ein Primärregenwald durch Nickelbergwerke zerstört wird, um Batterien für Elektrofahrzeuge zu produzieren, wenn Naturgebiete mit Solarmodulen überzogen werden oder riesige Windturbinen im Wald errichtet werden.
Mit dem Anstieg der Bevölkerung und dem Wirtschaftswachstum wird es zunehmend schwieriger, das Gleichgewicht zwischen menschlicher Tätigkeit und der Natur aufrechtzuerhalten. Daher müssen Naturschutzmassnahmen intensiviert werden, da die Natur ein Raum der Freiheit ist, der für unser eigenes Leben und unsere Gesundheit unverzichtbar ist. Wann immer wir der Natur Schaden zufügen, schaden wir uns selbst, wie der bekannte Schweizer Künstler, Bildhauer und Naturforscher Robert Hainard in seinem Buch „Nature et mécanisme“ bereits darlegte:
«Der Mensch ist auch ein Geschöpf in der Natur. Seine innerste Struktur trägt, ob er es nun will oder nicht, ihren Stempel. In gewissem Sinne ist die freie Natur in ihm. Wenn er sie überall zurückdrängt, schadet er sich selbst.»
Für unsere geistige Gesundheit
Ein Leben fern der Natur belastet unsere Psyche massiv. Auf dem dritten internationalen Baumforum, das 2023 in Genf stattfand, schilderten Pädagoginnen und Pädagogen ihre Erfahrungen mit Kindern im Wald. Sie berichteten, dass sich selbst die unruhigsten Kinder, sobald sie im Wald sind, wieder friedlich in die Gruppe einfügen, während sich Kinder mit Neigung zu Autismus spontan öffnen und sich aktiv einbringen. Der Unterricht fällt leichter, da der Wald die Neugier der Kinder weckt und damit ihre Lust, zu lernen und zu experimentieren. Schon die Sioux Lakota waren sich dieser wohltuenden Wirkung der Natur bewusst, wie ihr Häuptling Luther Standing Bear bezeugt:
«Die alten Lakotas waren weise. Sie wussten, dass das Herz eines Menschen, der sich der Natur entfremdet, hart wird; sie wussten, dass mangelnde Ehrfurcht vor allem Lebendigen und allem, was da wächst, bald auch die Ehrfurcht vor dem Menschen absterben lässt. Deshalb war der Einfluss der Natur, die den jungen Menschen feinfühlig macht, ein wichtiger Bestandteil der Erziehung.»
Für das Klima
Es ist an der Zeit, zu erkennen, dass die natürlichen Ökosysteme unsere besten Verbündeten im Kampf gegen die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels sind. Wälder, Feuchtgebiete und Wildwiesen absorbieren enorme Mengen an Kohlendioxid, nehmen Regenwasser schonend auf und mildern hohe Temperaturen. Der Schutz der Natur, insbesondere der Bäume und Wälder, muss daher in der Klimapolitik an erster Stelle stehen.
Für das Wasser
Naturnahe Flüsse verlangsamen den Wasserabfluss und verringern so die Gefahr von Hochwasser und Überschwemmungen in bewohnten und landwirtschaftlichen Gebieten. Natürliche und wiederbelebte Wasserläufe tragen zur Speicherung von Grundwasser und zum Schutz vor Erosion bei. Sie spielen eine wichtige Rolle für die Vernetzung der Biodiversität.
Für die Landwirtschaft
Anders als ihre Gegner befürchten, führt die Biodiversitätsinitiative nicht zu einem Interessenkonflikt mit der Landwirtschaft – im Gegenteil. Für die Fruchtbarkeit der Böden, die Bestäubung, die Schädlingsbekämpfung und den Wasserhaushalt ist die Landwirtschaft auf eine reiche und gut funktionierende Biodiversität angewiesen. Umgekehrt profitiert die Biodiversität von einer nachhaltigen Bodennutzung durch die Landwirte. Die aktuelle Praxis zeigt, dass eine produktive Landwirtschaft durch integrierte Erzeugung und ökologische Ausgleichsflächen ein wertvolles Reservoir für die Biodiversität sein kann. Landwirte, die an solchen Programmen teilnehmen, können durch die in der Initiative vorgesehenen finanziellen Mittel besser unterstützt werden.
Aufnahme des Naturschutzes in die Verfassung
Aktuell liegt der Naturschutz verfassungsgemäss in der Zuständigkeit der Kantone. Doch um sich den verschiedenen Interessen entgegenzustellen, die die Natur in Gefahr bringen, genügt dies nicht. Durch das neue Stromgesetz, das wir bekämpft haben, wurde der Status der Natur weiter geschwächt, da dieses Gesetz systematisch den Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien Priorität vor Natur und Landschaft einräumt. Einzig der Schutz von Mooren und Moorlandschaften ist vorrangig, da er 1987 durch die Rothenturm-Initiative in der Verfassung verankert wurde. Daher muss der Naturschutz auf Verfassungsebene dem Bund übertragen werden, um ihm ein angemesseneres Gewicht in der Interessenabwägung zu verleihen.
Missverständnisse bezüglich der Flächen
Es wird behauptet, dass die Initiative dreissig Prozent unseres Staatsgebiets unter Schutz stellen möchte. Das ist unzutreffend. Die Initiative verlangt vom Bund und den Kantonen, die für den Erhalt und die Stärkung der Biodiversität erforderlichen Flächen bereitzustellen, ohne dabei eine Zahl festzulegen oder die Nutzung dieser Flächen zu definieren. Wird die Initiative angenommen, werden der Bundesrat, das Parlament und die Kantone ermitteln, welche Flächen benötigt werden und wie diese aufzuwerten sind. Selbstverständlich wird der Bundesrat in Absprache mit allen betroffenen Sektoren eine ausgewogene Lösung entwickeln.
Stimmen Sie JA!
Indem Sie für die Biodiversitätsinitiative stimmen, geben Sie der Natur in ihrem Widerstand gegen all die Kräfte, die sie zu zerstören drohen, eine echte Chance, damit wir in Harmonie mit unserer grossen natürlichen Familie leben können, die unsere Lebensgrundlage ist.