26.08.2019
Adam Cruise

«Öffnet den internationalen Elfenbeinhandel für uns»: Die herablassende Haltung der Länder des südlichen Afrika

Die Länder des südlichen Afrikas drangsalieren, schikanieren und bedrohen den Rest von Afrika (und die ganze Welt), indem sie den vollständigen Schutz der afrikanischen Elefanten vehement zu verhindern versuchen.

GENF. Aussergewöhnliche Szenen am Donnerstag der 18. Konferenz der Vertragsstaaten (CoP18) der Konvention über den internationalen Handel mit vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten (CITES): Ein Land des südlichen Afrikas nach dem anderen ignorierte die Regeln des politischen Anstands und lancierte gereizte Angriffe auf alle anderen afrikanischen Länder, die sich für den vollständigen Schutz des Afrikanischen Elefanten stark machten, und gleichzeitig die Vorstösse der südlichen afrikanischen Länder ablehnten, welche die Wiedereröffnung des internationalen Elfenbeinhandels forderten.

Südliches Afrika gegen den Rest

Ein Vorstoss von Burkina Faso, Elfenbeinküste, Gabun, Kenia, Liberia, Niger, Nigeria, Sudan, Syrien und Togo, gestützt von den 32 afrikanischen Ländern der Koalition für den afrikanischen Elefanten (AEC), fordert, dass alle afrikanischen Elefanten auf CITES Anhang I aufgenommen werden. Dies hätte zur Folge, dass in Zukunft kein kommerzieller Handel mit Elefanten oder ihren Körperteilen mehr zulässig wäre.

Die Elefantenbestände in Botswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe sind gegenwärtig auf Anhang II geführt. In der Vergangenheit war es diesen Ländern ausserdem zwei Mal gestattet, ihre Elfenbeinvorräte zu verkaufen – mit schwerwiegenden Folgen für die Elefanten. Seit dem Verkauf von mehr als 150 Tonnen Elfenbein nach Japan und China (1999 und 2008) hat Afrika ein Drittel seiner gesamten Elefantenpopulationen durch die illegale Jagd auf Elefantenstosszähne verloren.

Dennoch sagte Südafrika in der Debatte am Donnerstagnachmittag, es sei «beleidigt» und finde es «unverständlich», dass andere afrikanische Länder es wagen würden, einen solche Forderung für das Heraufsetzen auf Anhang I für alle Elefanten überhaupt einzureichen. Diese Aussage kam nachdem Südafrika und andere Länder des südlichen Afrikas kurz zuvor einen Versuch unternommen hatten, ihre Elfenbeinvorräte verkaufen zu dürfen, was von den CITES-Vertragsparteien allerdings entschlossen verhindert wurde. Auch ein Vorstoss Sambias, seine Elefantenpopulation von Anhang I auf Anhang II herabzustufen, war kurze Zeit vorher entschieden abgelehnt worden.

Der wütende Minister für Umwelt und Tourismus in Botswana, Kitso Mokaila, nannte die Situation «lächerlich und unvorstellbar». Mokaila und seine südafrikanischen Amtskollegen griffen in der Folge wiederholt andere afrikanische Länder an, weil sie schlechte Regierungsstrukturen und Arterhaltungsprogramme hätten und es wagen würden, einer bedrohten Art den höchsten internationalen Schutz zu gewähren. Mokaila äusserte offene Drohungen gegenüber den anderen Vertragsparteien der Konvention, die Forderung nach dem Anhang I-Status für die Elefanten unter keinen Umständen zu unterstützen.

Der Delegationschef Südafrikas klagte an, die anderen Afrikaner würden mit dem Geist internationaler Konventionen brechen, da sie «Argumente mit falschen Behauptungen» vorbrächten, und ihre Interventionen während der Debatte «nicht auf Fakten beruhen und der Atmosphäre, in welcher die Diskussion stattfindet, nicht dienlich sind». Eine fragwürdige Anschuldigung in Anbetracht der Tatsache, dass die feindselige Atmosphäre von den Südafrikanern erzeugt wurde, während andere afrikanische Länder um Nüchternheit bemüht waren – was wohl eher im Einklang mit politischen Konventionen ist.

So intervenierte Kenia beispielsweise gegen den Vorstoss Sambias, welches seine Elefantenpopulation auf Anhang II herunterstufen wollte, indem biologische Kriterien angebracht wurden, die direkt CITES-Dokumenten und Anhängen entnommen werden können. Zudem zitierte das Land statistische Daten aus Forschungsarbeiten, zog wissenschaftliche Erhebungen herbei und nutzte Informationen von der IUCN und anderen internationalen und unabhängigen Organisationen in seiner Argumentation.

Elfenbein verkaufen, um den Lebensunterhalt auf dem Land zu sichern?

Ein Grossteil der verbissenen Rechtfertigungen für den Handel mit Elfenbein dreht sich um den Lebensunterhalt verarmter ländlicher Gemeinden. Die Argumente aus dem südlichen Afrika beruhen auf der Annahme, dass der Verkauf von Elfenbein direkt zu einem wirtschaftlichen Aufschwung für die Armen führen würde.

Die Delegation aus Simbabwe erklärte gegenüber den anderen Vertragsparteien, dass seine Bevölkerung «barfuss läuft, ohne Schulen, ohne Strassen, und ohne Trinkwasser sei». Die Delegation des Landes ist tatsächlich der Ansicht, dass der Verkauf ihrer Elfenbeinvorräte die Lösung zur Armutsbekämpfung sei.

Botswana ist der gleichen Meinung: «Man kann kein guter Zoo sein und nicht dafür bezahlt werden, ein guter Zoopfleger zu sein», echauffierte sich Mokaila in einer bizarren Schimpftirade, während die Delegation aus Südafrika erklärte, dass «der Erlös aus dem Handel ausschliesslich Arterhaltungsprogrammen für die Elefanten und Entwicklungsprojekten für die Gemeinden zukommen würde.» Südafrika beklagte sich zudem, dass CITES sich «massregelnd» verhalte und «mit den Ländern des südlichen Afrika abrechne», während – unter Bezugnahme auf Sambias Vorstoss – «die echten Probleme in einem der am wenigsten entwickelten Länder» nicht gelöst würden.

Namibias Umweltminister Pohamba Shifeta führte aus , dass die «zukünftige Bedrohung für die Elefantenpopulation nicht ihre nachhaltige Nutzung ist, sondern dass die Landbevölkerung Vergeltungsmassnahmen ergreifen werde, wenn sie nicht von den zerstörerischen Elefanten profitieren kann.»

Laut Alejandro Nadal, renommierter Ökonom und Professor der Universität El Colegio in Mexico, sind diese Aussagen nicht haltbar. «Die Behauptungen zur vorgeblich wichtigen Rolle, die der Handel mit Wildtieren für den Schutz und die Lebensgrundlage der Elefanten sowie für die Bekämpfung der Armut spielen soll, sind unberechtigt», führt Nadal aus, der ebenfalls an der CITES-Konferenz in Genf teilnimmt.

Berechnungen von Nadal zeigen auf, dass selbst wenn alle Elfenbeinvorräte in diesen Ländern heute zu aktuellen Marktpreisen verkauft würden, und alle erzielten Gewinne zur Bekämpfung der Armut eingesetzt würden, sich das Leben der ländlichen Bevölkerung nicht zum Besseren wenden würde.

Botswana beispielsweise verdiente mit dem Verkauf von 43 Tonnen Elfenbein im Jahr 2008 rund 7 Millionen US-Dollar. Angesichts von bestenfalls rund 500‘000 ländlichen Dorfbewohnern im Norden Botswanas – dort, wo die Elefanten leben – entspricht die erzielte Summe einem einmaligen ‚Taschengeld‘ von gerade Mal 14 US-Dollar an jede dort lebende und von den Elefanten direkt betroffene Person. Dieser winzige Betrag kann nicht einmal im Ansatz mithalten mit dem 23 Milliarden US-Dollar starken Geschäft, welches mit den lebenden Elefanten in der Tourismusbranche gemacht wurde in Botswana im Jahr 2018 – einer Branche, welche Wachstumsprognosen von 3,4% pro Jahr geniesst.

«Armut und soziale Marginalisierung sind makroökonomische Probleme», betont Nadal. «Sie stehen in Zusammenhang mit gesamtwirtschaftlichen Kräften und langfristigen Entwicklungen. Die Gewinne aus dem Verkauf der angesammelten Elfenbeinvorräte liegen um Grössenordnungen unter dem, was notwendig wäre, um irgendetwas zu bewirken. Es ist unaufrichtig vorzutäuschen, dass Elfenbeinverkäufe einen signifikanten und dauerhaften Unterschied bewirken könnten zur Verbesserung des Wohlergehens der lokalen Bevölkerung oder zur Linderung der Armut.»

Nadal nennt die vorgebrachte Argumentation geradezu lächerlich. „Die Aussage, dass diese Ressourcen auf konstruktive Weise zum Wohle der Lokalbevölkerung eingesetzt würden, ist irreführend. Die Bedürfnisse der ländlichen Bevölkerung werden im kommenden Jahr nicht einfach verschwinden, nur weil eine Regierungsbehörde in diesem Jahr seine Elfenbeinvorräte verkauft.»

Elefanten in der Not

Elefanten sind in starker Bedrängnis. Mindestens 20‘000 Tiere werden jedes Jahr illegal wegen ihrer Stosszähne getötet. Im Durchschnitt werden in Afrika täglich rund 55 Elefanten gewildert – Ein toter Elefant alle 26 Minuten.

Während der Debatte am Donnerstag zitierte der Delegationsleiter von Kenia eine Sachanalyse, die einen klaren Zusammenhang zwischen den Verkäufen von Elfenbeinbeständen im Jahr 2008 und einer Zunahme des illegalen Handels und der illegalen Wilderei feststellt. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass der Elfenbeinschmuggel aus Afrika nach den Lagerverkäufen von 2008 um schätzungsweise 71 Prozent angestiegen ist.

Das grosse Getöse, das die Länder des afrikanischen Südens am Donnerstag veranstalteten, verhinderte schlussendlich das Heraufsetzen aller Elefanten auf Anhang I. Das Gemetzel auf dem gesamten Kontinent wird also unvermindert weitergehen.

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