11.10.2018
Anne Bachmann

Waadtländer Windparks im Visier von Helvetia Nostra

Immer mehr Windpark-Projekte sind geplant. Dagegen mobilisiert Helvetia Nostra. Sie anerkennt die Wichtigkeit der Energiewende, doch die negativen Auswirkungen von Windparks auf Landschaft, Natur und Tiere sind beängstigend. Die Zeit drängt und die Problematik ist vielschichtig. Deshalb setzt sich Helvetia Nostra gleich an mehreren Fronten ein.

Beschwerde gegen den Windpark Mollendruz
Den Bau von 12 mehr als 200 Meter hohen Windturbinen sieht dieses Projekt vor, inmitten einer Landschaft aus Waldweiden und den für die Hügelzüge des Waadtländer Juras so typischen vielgestaltigen, weiten, offenen Flächen. Gerade dadurch wird dieser Windpark weithin sichtbar sein, auch von markanten Aussichtspunkten, wie zum Beispiel dem Dent de Vaulion, aus. Denn der Standort grenzt unmittelbar an Gebiete, die zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler Waadtländer Windparks im Visier von Helvetia Nostra (BLN) sowie zum kantonalen Natur und Landschaftsinventar gehören.

Abgesehen von seiner heiklen geografischen Lage hat das Projekt auch negative Auswirkungen auf die Vogelwelt und Fledermäuse: Mindestens fünf Vogelarten und sechs Fledermausarten, die auf der Roten Liste als bedroht gelten, dient der betroffene Standort als Lebensraum. Diesen ohnehin schon mit vielen Belastungen kämpfenden Tieren wird der Zugang zu einem weiteren wichtigen natürlichen Lebensraum erschwert (Beispiel: allein für das Auerhuhn sind 183 Hektaren Habitat betroffen). Der Standort ist zudem ein veritabler Wanderkorridor mit grosser Bedeutung für zahlreiche Arten wie den Wanderfalken, die Waldschnepfe, den Europäischen Fleckenuhu, die Heidelerche, den Baumpieper und weitere. Daher gefährdet jeder Eingriff in die betroffene Zone ihre Lebensweise und Bewegungsfreiheit.

Projekt nicht durchwinken!
Und es sind nicht nur Tiere gefährdet: Helvetia Nostra kritisiert auch die voraussehbaren negativen Auswirkungen des Projekts auf nahezu intakte natürliche Lebensräume. Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung, also seltene und geschützte Lebensräume, würden durch die Umsetzung des Windparks plötzlich mit Zufahrtsstrassen erschlossen.

Angesichts all dieser Gründe dürfte es eigentlich nicht einmal denkbar sein, dass die Waadtländer Behörden den Windpark Mollendruz einfach durchwinken, ohne die potenziellen negativen Auswirkungen dieses Projekts auf Landschaft, Lebensräume, Vögel und Fledermäuse angemessen zu berücksichtigen. Zumal mit «Sur Grati» und «Bel Coster» bereits Verfahren für zwei weitere Windparks in unmittelbarer Nähe im Gange sind!

Um der Angelegenheit Nachdruck zu verleihen, hat Helvetia Nostra im September 2018 gemeinsam mit sechs weiteren Organisationen (Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Pro Natura Waadt, Pro Natura Schweiz, BirdLife, Paysage Libre Vaud und SOS Jura) beim Kantonsgericht Beschwerde eingelegt.

Windpark vallée de joux: Beschwerde gegen Rodungsbewilligung
Diese Auseinandersetzung ist nicht neu: 2016 hatte Helvetia Nostra beim Waadtländer Kantonsgericht gemeinsam mit vier weiteren Organisationen (Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, Pro Natura Waadt, BirdLife Schweiz und Paysage Libre Vaud) Beschwerde eingelegt gegen den Bau von sieben mehr als 200 Meter hohen Windturbinen. Sollte er umgesetzt werden, würde dieser Windpark das Panorama des
Vallée de Joux verschandeln und den hohen ökologischen Wert des Gebiets zunichtemachen. Denn das Projekt liegt mitten in einem im BLN eingetragenen Gebiet! Der Windpark «Eoljoux» ist ein inakzeptabler Präzedenzfall, was den Schutz von Gebieten nationaler Bedeutung anbelangt.

Leider haben die Waadtländer Behörden kein Musikgehör dafür. Durch die Erteilung einer Rodungsbewilligung zugunsten des Windparks Ende
August 2018 haben sie die Pandora-Büchse geöffnet. Trotz negativer Stellungnahmen zum Projekt durch das Bundesamt für Umwelt und die Eidgenössische Kommission für Natur und Landschaftsschutz schalten die Waadtländer Behörden auf stur und geben mit der Rodungsbewilligung grünes Licht für ihr Projekt. Dies, obschon dessen verheerende Auswirkungen auf das Auerhuhn auf Bundesebene anerkannt sind! Um dem Kampf dagegen juristisch Nachdruck zu verleihen, hat Helvetia Nostra im September 2018 gemeinsam mit den vier genannten Organisationen beim Kantonsgericht Beschwerde gegen die Rodungsbewilligung eingereicht.

Petition «Rettet den Chasseron – Creux-du-van»
Alarmiert durch die Projektierung von drei Windparks (Grandsonnaz, Grandevent, Provence), die sich auf Anhöhen zwischen dem Chasseron und Creuxdu-Van befinden, haben mehrere Umweltorganisationen beschlossen, eine Petition zu lancieren. Die vorgesehene Errichtung von rund 40 bis zu 200 Meter hohen Windturbinen wird die Landschaft um den weithin sichtbaren (im BLN eingetragenen) Creux-du-Van stark beeinträchtigen und die dortige einmalige Aussicht entsprechend verschandeln.

Darüber hinaus sind diese Windpark-Projekte ein gravierendes Problem für die Artenvielfalt. Schon allein der Bau der nötigen Infrastruktur ist ein Problem für sich. Die Verbreiterung bestehender und die Schaffung neuer Zufahrtswege bedeuten einen massiven Eingriff in die Waldweiden mit
ihrer Biodiversität. Ganz zu schweigen davon, dass Windturbinen mit ihrer Barriere-Wirkung und dem damit verbundenen Kollisionsrisiko ein grosses Hindernis für viele Vogel- und Fledermausarten sind und deren Lebensraum zusätzlich einschränken. Insbesondere der geplante Windpark Grandsonnaz bedroht in diesem Zusammenhang Fledermausarten der Roten Liste, da der Standort zwischen deren Nistplätzen
(Val-de-Travers/NE) und Jagdrevieren (Grande Cariçaie/VD) liegt. Dazu könnte die kürzliche Rückkehr des Steinadlers nach 200 Jahren(!) Abwesenheit ins Gebiet gleich wieder kompromittiert sein.

Drastisch negative Auswirkungen
Für Helvetia Nostra steht ausser Frage: Die Produktion von Windenergie darf niemals auf Kosten der hierzulande schon über Gebühr bedrängten Artenvielfalt erfolgen. Daher unterstützen die Fondation Franz Weber/Helvetia Nostra aktiv die Petition «Sauvez Chasseron – Creux-du-Van», u. a. durch die Teilnahme an Ständen zur Unterschriftensammlung und die Verbreitung von Petitionsbögen im letzten Journal Franz Weber (nur in der französischen Version).

Ab Sammelbeginn im Mai 2018 bis September kamen rund 13’000 Unterschriften zusammen. Der Text wurde den Waadtländer Behörden am 2. Oktober offiziell überreicht. Zuvor hatten die Beschwerde-Organisationen anlässlich einer gemeinsamen Medienkonferenz in aller Deutlichkeit die drastisch negativen Auswirkungen dieser Windpark-Projekte auf ein bis anhin nahezu intaktes Gebiet unterstrichen.

 

Mehr Informationen:

  • Unsere Projektseite «Windparks»
  • Dieser Artikel wurde erstmals im Journal Franz Weber 126 publiziert. Die PDF-Version aller bisheriger Journale finden Sie hier.
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