28.08.2024
Patrick Schmed

Biodiversität – ein tief verwurzeltes Ja

Seit bald 50 Jahren setzt sich die Fondation Franz Weber – von Franz Weber im Jahre 1975 gegründet – für den Erhalt von Tier- und Pflanzenarten auf der ganzen Welt ein. Aus Erfahrung wissen Vera Weber und ihr Team, wie wichtig ein weit verästeltes Ökosystem ist, auch gerade im Wald und auf der Wiese.

«Es ist doch nur ein einzelner Baum, daneben hat es doch noch viele andere», so wird häufig argumentiert, wenn eine Buche, eine Tanne oder eine andere Art einem Bauprojekt im Weg steht oder auf die eine oder andere Weise stört. Und so würden Jahr für Jahr unzählige grüne Riesen verschwinden, wenn die Fondation Franz Weber nicht ihr Veto einlegen würde. 2023 hat die FFW allein im Kanton Waadt die Fällung von 60 Einzelbäumen verhindert. Die erhaltenen Bäume stehen weiterhin als Zeichen – auch für die Biodiversitätsinitiative, die Mitte September an die Urne kommt.

Kleinvieh

«Wir kämpfen um jeden Baum», hat Vera Weber, Präsidentin der FFW, vor einigen Jahren angekündigt. So hat die Fondation Franz Weber in Mühlenberg (BE) ein Waldgebiet gepachtet, um die Rodung zu verhindern. In Genf setzte sie sich für die Domaine des Penthes mit dem alten Baumbestand ein. Zudem rettete sie in Montreux das natürliche Lebensraumgebiet Les Grands-Prés, das sich neben einem Kastanienwald befindet, vor einer Überbauung. Weitere Bäume wurden in Biel, Bern, Gruyère sowie in den Kantonen Thurgau, Schaffhausen, St. Gallen, Zürich und Wallis gerettet. Nimmt man alle Bäume zusammen, kommt eine beträchtliche Fläche zusammen. Wer sich für Biodiversität im Wald und Siedlungsraum einsetzen will, muss nicht nur die Abholzung im Amazonas ins Auge fassen, sondern sich auch für den Baumerhalt in der Schweiz, also vor der eigenen Haustüre einsetzen.

Baum für Baum für Biodiversität

Zugegeben, Bäume und Wälder stellen nur eine der zahlreichen Facetten der Biodiversität dar. Sie zeigen allerdings sehr deutlich, worum es geht. Niemand würde bestreiten, dass Blätter Feinstaub filtern, Kohlendioxid in Sauerstoff umwandeln, Schatten spenden und kühlen sowie Lebensraum für unglaublich viele Lebewesen und Organismen bieten, wie z.B. den vom Aussterben bedrohten Juchtenkäfer. Baumwurzeln filtern zudem das Wasser und verhindern unter anderem Erosion. Sie stellen sogar Nährstoffe zur Verfügung, welche für die Landwirtschaft lebenswichtig sind. Und doch ist man in vielen Fällen bereit, diese Wunder der Natur zu opfern, weil man kurzfristig denkt – «es ist ja nur ein einzelner Baum».

Umdenken

An vielen Orten wehren sich die Bürgerinnen und Bürger gegen geplante Baumfällungen. Fabian Dietrich unterstützt im Auftrag der Fondation Franz Weber diese Bürgerinnen und Bürger. Als Baumpflegespezialist mit eidg. Fachausweis kann er dazu beitragen, Bäume und Wälder durch Gutachten und Baumpflegemassnahmen zu erhalten. Häufig geschieht dies mit der juristischen Unterstützung von Helvetia Nostra. «Um die Umweltleistungen eines einzelnen älteren Baumes aufzuwiegen, müsste man rund 400 Jungbäume pflanzen», zitiert er eine Studie. Teile der Bevölkerung scheinen dies zu ahnen, das Umdenken stimmt zuversichtlich. Denn mit den richtigen Argumenten können wir in der Schweiz die Weichen stellen, damit die lebenswichtigen Bäume und generell Grünflächen erhalten bleiben – Mitte September sogar an der Urne.

Die richtigen Argumente

«Die Fondation Franz Weber setzt sich seit bald 50 Jahren auf der ganzen Welt für Biodiversität ein», unterstreicht Vera Weber die Grundkompetenz der Organisation. Auch wenn die Biodiversität nicht immer so klar ersichtlich ist wie bei den Bäumen, so geht es doch meist um den Erhalt von Tier- und Pflanzenarten, die im Ökosystem eine wichtige Funktion einnehmen. Wer sich über so lange Zeit für die Vielfalt im natürlichen Lebensraum einsetzt, hat eine endlose Liste mit guten Argumenten für dessen Schutz.

Schutz der Landschaft

So wie Bäume haben auch Landschaften als intakter Lebensraum eine grosse Bedeutung, damit unser Planet weiterhin lebenswert bleibt. Franz Weber hatte diese Erkenntnis auf einer Reise ins Engadin, zehn Jahre bevor er die FFW gründete. Er kämpfte jahrelang für die Rettung von Surlej im Engadin, das Tal des Lichtes. In Surlej war eine 25’000-Einwohner-Stadt geplant, ein Projekt, welches die Landschaft völlig zerstört hätte. Zum Glück konnte Franz Weber dieses einmalige Stück Erde retten. Danach und im Laufe der Jahre und Jahrzehnte lancierte der «Lebensraumschützer», wie Franz Weber sich selbst nannte, über 150 Projekte und Initiativen für Mensch, Tier und Natur. Jedes davon war und ist ein grösserer oder kleinerer Beitrag an die Biodiversität. Diesen Kampf setzt die FFW fort!

Platz für die Zukunft

Wenn sich die FFW stark macht für Elefanten, wenn sie den Schutz von Korallenfischen etabliert und fordert oder wenn sie in Mittelamerika das grösste Meeresschutzgebiet aufzubauen hilft, so engagiert sich die Fondation Franz Weber unmittelbar für die Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten, die zu unserem Ökosystem gehören. «Auf der Erde ist alles Teil eines Kreislaufs und man darf keine Art einfach so aus diesem Kreislauf entfernen», macht Vera Weber bewusst und ergänzt, dass jede Tier- und Pflanzenart eine wichtige Rolle im Ökosystem spielt und somit letztlich auch für die Menschheit von Bedeutung ist.

Es geht um die Zukunft

«Wir meinen, wir könnten Gott spielen», beobachtet Vera Weber. «Das geht aber nicht auf.» Daher sieht sie es als Aufgabe der FFW, die Natur so ursprünglich wie möglich zu erhalten und kämpft auch weiterhin für jeden Baum und jede Art, so wie es die FFW seit fünf Jahrzehnten getan hat. Für die FFW-Präsidentin ist die Biodiversitätsinitiative noch aus einem anderen Grund sehr wichtig. «Das Stromgesetz schwächt den Naturschutz in der Schweiz massiv». «Mit einem Ja zur Biodiversitätinitiative am 22. September können wir die schlimmsten Folgen des Stromgesetztes für die Natur etwas lindern.»

Wissenschaftlich belegt

Ob Bäume, Bienen oder andere Arten – die Zusammenhänge sind eigentlich bekannt und die Wichtigkeit eines intakten Ökosystems wissenschaftlich belegt. «Leider wird dem kurzfristigen Streben nach Vorteilen und Gewinn meist eine höhere Bedeutung beigemessen als dem Erhalt von Bäumen und generell der Natur, sind sich Vera Weber und Fabian Dietrich einig. Ein Bauherr möchte den störenden Baum bei sich entfernen und argumentiert, im benachbarten Wald habe es ja genug Bäume. Die Waldbesitzer möchten aber Gewinne realisieren, sodass auch der Forst immer mehr unter Druck gerät, Wälder intensiv zu bewirtschaften. Es entsteht eine schleichende Abholzungswelle, deren Folgen die Menschheit in einigen Jahren erschüttern wird. «Wir dürfen nicht so lange warten», warnt Vera Weber und fordert alle auf, ein langfristiges Ja zur Biodiversität in die Urne zu legen. «Es ist ein Zeichen», betont die Naturschützerin. «Und dieses Zeichen braucht es nun dringend – für die Tiere und Pflanzen, aber auch für uns Menschen.»

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