14.05.2019
Dr. Monica V. Biondo

Grossaquarien sind Teil des Problems

Gedanken zu einem Gespräch zwischen Befürwortern und Gegnern zum geplanten Grossaquarium «Ozeanium» in Basel, das am 7. Mai 2019 in der Freien Kirche Elisabethen in Basel stattfand.

Seit 20 Jahren beschäftige ich mich mit dem internationalen Handel mit bedrohten Tieren, insbesondere mit Meerestieren. Dieses Jahr habe ich meine Doktorarbeit zum Handel mit marinen Zierfischen für Aquarien abgeschlossen. Es ist klar, dass dieser Handel undurchschaubar ist. Umso mehr erstaunt es mich, wie der Zoo Basel immer wieder behauptet, die Kritiker des «Ozeanium» würden mit Falschaussagen hausieren. Ebendies hat indessen der neue Kurator des Basler Vivariums in der Kirche Elisabethen aktuell wieder getan. Die Gegnerschaft hingegen stützt ihre Aussagen auf eine grosse Bandbreite wissenschaftlich begutachteter Studien.

Bis vor kurzem hat sich der Zoo Basel dem Anliegen verweigert, eine Artenliste für die Aquarien vorzulegen. Aus der nun an die Öffentlichkeit gelangten Besatzliste wissen wir, dass der Zoo zumindest die Absicht hegte, auch sogenannte «Publikumsmagnete» zu zeigen. So waren beispielsweise auch Hammerhaie vorgesehen. Ende April 2019 ist im Nausicaá, einem der modernsten und grössten Aquarien Frankreichs, der letzte von 30 Hammerhaien gestorben. Das «Ozeanium» liebäugelt auch mit Sandtigerhaien. In Gefangenschaft kann sich ihr Rückgrat, aufgrund ihres Schwimmverhaltens, wegen der Grösse des Beckens, durch Mangelernährung, usw. verkrümmen.

Wie ernst kann man die Beteuerungen des Zoo Basel zum Tierwohl nehmen, zu deren Sprachrohr sich nun auch der neue Kurator machen muss? Dieser kommt vom Zoo Leipzig, wo er im Dezember 2018 noch einen Mimik-Oktopus, der sogar Feuerfische imitieren kann, eingekauft hatte. Einer Doku des MDR ist zu entnehmen, dass nicht einmal klar war, was dieser Krake frisst, geschweige denn, was er sonst noch für sein Wohlergehen braucht, denn dieses Tier ist wissenschaftlich sehr wenig erforscht. Der Krake starb schon nach wenigen Tagen in Gefangenschaft.

Als Wissenschaftlerin bin ich erstaunt, wie ein wissenschaftlicher Zoo kaum auf Fakten basierende, mit Quellen untermauerte Überlegungen liefert. Ich sehe nicht, wie es gelingen soll, es besser zu machen als in den bestehenden Aquarien, in denen jährlich zahllose Tiere sterben und ersetzt werden müssen. Im Mai 2017 hatte der ehemalige Kurator, Thomas Jermann, in einer Tageszeitung eingestehen müssen, dass das Basler Vivarium jährlich 100 bis 200 Fische ersetzen müsse. Der Zoo hält heute rund 500 Korallenfische. Somit müsste der Zoo schon heute Jahr um Jahr rund ein Drittel dieser Tiere ersetzen.

Die Verschmutzung der Meere, die Überfischung, das Korallensterben, das Artensterben – all dies sind drängende, gravierende Probleme. Nebst dem Umstand, dass wir gemäss UNO-Weltbiodiversitätsbericht akut Gefahr laufen, eine Million Arten zu verlieren, hält der Bericht auch fest, dass in absehbarer Zeit 99 Prozent der Korallenriffe verschwinden, sollte sich die Erde um 2°C erwärmen. Da drängt sich mir im Hinblick auf die Zukunft auch die Frage auf: Woher will dann der Zoo Basel seine Meerestiere herholen? Diese pflanzen sich in Gefangenschaft ja bekanntlich kaum fort. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung mit Meerestieren und dem Handel mit ihnen bin ich zur festen Überzeugung gelangt: Grossaquarien sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Deshalb: NEIN zum «Ozeanium» am 19. Mai!

 

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