19.11.2020
Fondation Franz Weber

Medienmitteilung: Der Zoo Zürich behauptet, dass ein Elefantenbaby aufgrund «natürlicher» Ereignisse gestorben sei – Fake News!

Im August 2020 gebar die Elefantenkuh Omysha im Zoo Zürich ihr erstes Kalb. Anschliessend trampelten die anderen Elefanten des Geheges das Neugeborene — kurz nachdem es das Licht der Welt erblickt hatte — zu Tode. Der Zoo führte daraufhin eine interne Untersuchung durch, deren Ergebnis vor kurzem veröffentlicht wurde: Laut dem Zoo sei das Verhalten der Elefantenherde vollkommen «natürlich» gewesen. Nach Ansicht der Fondation Franz Weber, die sich dabei auf die Schlussfolgerungen eines renommierten Elefantenbiologen und -experten stützt, ist das falsch.

Am 19. August 2020 brachte Omysha, eine asiatische Elefantenkuh des Zoos Zürich, ihr erstes Kalb zur Welt. Anschliessend kam das Neugeborene durch Fusstritte der anderen Elefanten des Geheges ums Leben – was eine interne Untersuchung im Zoo zur Folge hatte. Vor kurzem veröffentlichte der Zoo Zürich eine Medienmitteilung, in der er die Öffentlichkeit darüber unterrichtete, dass dieser tragische Vorfall Teil des «natürlichen» Verhaltens der Herde sei und nicht atypisch aggressives Verhalten aufgrund der jahrelangen Gefangenschaft der Elefanten. Die erwachsenen Tiere hätten lediglich versucht, das Elefantenjunge zum Aufstehen zu «ermuntern», wozu das Kalb allerdings zu schwach gewesen sei.

In Wirklichkeit ist nichts an diesem Vorfall «natürlich» – im Gegenteil. Zunächst einmal legen Elefanten in freier Wildbahn kein aggressives oder brutales Verhalten ihren Neugeborenen gegenüber an den Tag. Sie würden ihre Jungen nicht niedertrampeln und ihnen wiederholt Fusstritte versetzen. In Gefangenschaft dagegen entwickeln Elefanten aufgrund der Bedingungen, denen sie oft ihr ganzes Leben lang ausgesetzt sind, häufig ein unangemessenes oder sogar aggressives Verhalten. Dr. Keith Lindsay, international anerkannter Elefantenbiologe und ‑experte, erklärte in einem am 7. November 2020 veröffentlichten Artikel: «In einem Zoo ist für Elefanten nichts natürlich.»

Noch schlimmer ist, dass die Elefantenkuh, die das verstorbene Kalb zur Welt brachte, Dr. Lindsay zufolge viel zu jung gewesen sei, um überhaupt schon trächtig zu sein und zu gebären. Zum Zeitpunkt der Geburt war Omysha erst sechs Jahre alt. Das bedeutet, dass sie zwei Jahre zuvor trächtig wurde, im Alter von gerade mal vier Jahren. In freier Wildbahn werden Elefantenkühe erst im Alter von acht oder neun Jahren erstmals trächtig, im Durchschnitt eher mit etwa elf oder zwölf Jahren. Es ist also wenig überraschend, dass das im August in Zürich geborene Elefantenjunge zu klein und zu schwach war.

Dr. Lindsay stellt daher das Management des Zoos infrage, welches er als «unverantwortlich» bezeichnet. Offenbar hätten die Mitarbeitenden des Zoos aus Fahrlässigkeit nicht bemerkt, dass die Elefantenkuh das gebärfähige Alter erreicht habe, und sie in der Nähe eines vierzehnjährigen Bullen gehalten (der seinerseits zu jung für die Zeugung war). Zu diesem «Versäumnis» des Zoos kam es eventuell nicht ganz unabsichtlich: Um mehr Besuchende anzulocken, setzen Zoos allzu häufig auf Jungtiere, insbesondere auf Nachkommen der grossen Säugetiere. Dr. Lindsay wird deutlich: «Offensichtlich fehlen den Betreibern des Zoos Zürich die Grundkenntnisse in der Biologie der Elefanten (…). Konsequenterweise sollten sie ihre Bemühungen um die Zucht von in Gefangenschaft lebenden Elefanten sofort aufgeben, und langfristig vollständig auf das Ausstellen von Elefanten verzichten.»

Die Fondation Franz Weber (FFW) bedauert diesen tragischen Vorfall, wie er sich in Zoos in der Schweiz und der ganzen Welt leider nur allzu häufig ereignet. Ebenso wie vielen anderen Tierarten bekommt den Elefanten die Gefangenschaft in Zoos sehr schlecht – der einzig geeignete Ort für sie ist ihr natürlicher Lebensraum.

 

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