05.09.2018
Hans Peter Roth

Lasst den Kühen ihre Hörner!

Als «Hornstoss für eine neue Agrarpolitik» bezeichnet Armin Capaul seine Hornkuh-Initiative, die am 25. November vors Volk kommt. Die Fondation Franz Weber unterstützt die eidgenössische Initiative des Bergbauern seit deren Lancierung.

Wird Ihre «Hornkuh-Initiative» angenommen am 25. November, Herr Capaul?
Armin Capaul: Ja.

Woher dieser Optimismus?
Weil die Zeit reif ist.

Machen Sie sich da nicht Illusionen?
Nein. Aber ich mache mir auch keine Illusion, dass es ein hartes Ringen wird. Jede einzelne Stimme in diesem Abstimmungskampf wird zählen. Alle, die dies lesen, sind eindringlich aufgerufen: Denkt nicht, «die anderen werden das dann schon hinkriegen». Lehnt euch nicht zurück, sondern geht an die Urne oder stimmt brieflich ab mit einem unmissverständlichen Ja! Und überzeugt andere, dasselbe zu tun.

Gewisse Kritiker wundern sich, dass in der Schweizer Demokratie mittlerweile sogar über sowas wie Kuhhörner abgestimmt wird.
Dann haben diese offenkundig nichts begriffen. Weder über die symbolische Bedeutung der Hornkuh-Initiative, noch über die Schweizer Demokratie.

Warum?
Angefangen bei der direkten Demokratie: Sie ist ein wundervolles, weltweit einzigartiges Instrument, das es selbst Einzelkämpfern wie mir ermöglicht, ein spezifisches Anliegen national zur Diskussion und sogar vor dem Volk zur Abstimmung zu bringen. Das strahlt auch über die Schweiz hinaus.

Und die Bedeutung der Hornkuh-Initiative…
… wird völlig unterschätzt. Sie hat viel Symbolgehalt und ist ein Hornstoss für eine neue Agrarpolitik. Nun können all jene, die nicht mehr mit der aktuellen Landwirtschaftspolitik einverstanden sind, ein Zeichen setzen. Ein Zeichen gegen eine Landwirtschaft, welche die Tiere verstümmeln lässt und zu Produktionsmaschinen degradiert, die Natur und Artenvielfalt zerstört und gleichzeitig den Bauern immer mehr Lasten mit weniger
Einnahmen aufbürdet.

Stichwort Verstümmelung: Das Kuhhorn, dessen Träger durch die industrielle Landwirtschaft mehr und mehr beraubt werden, ist das
Horn des Anstosses Ihrer Initiative.
Gerade in der aktuellen Hitze* leiden enthornte Rinder besonders. Das Horn ist ein durchblutetes Organ! Dieses dient unter anderem auch zur Kühlung, ähnlich wie etwa die Ohren afrikanischer Elefanten. Würden die Hörner keinen naturbedingten Zweck erfüllen, so gäbe es sie auch nicht. Das Ur-Rind hatte Hörner. Also haben auch unsere Nutztier-Rassen, die alle von diesem abstammen, genetisch bedingt Hörner. Fühlen Sie ein Horn an! Es ist warm, ein lebendiger Teil der Kuh, und wenn sich eine Kuh am Horn verletzt, blutet es stark! Bricht ein Teil des Horns ab, wächst es sogar nach, solange der Hornpfropfen noch am Kopf ist. Genau dieser Hornpfropfen wird bei der Entfernung der Hörner – übrigens sehr oft auch bei Ziegen – ausgebrannt oder chemisch verätzt. Ein brutaler, schmerzvoller und entwürdigender Eingriff, der die Tiere eines wichtigen Organs beraubt.

Wie kamen Sie auf die Idee, diese Initiative zu lancieren?
Ich spreche seit jeher zu meinen Tieren, erzähle ihnen Geschichten, Erlebnisse, teile meine Gedanken, Ideen und Anliegen mit. Da bekam ich eines Tages die Rückmeldung von den Kühen: «Und warum engagierst Du Dich nicht für unsere Hörner?» Das liess mir keine Ruhe mehr. Und
so ist die Hornkuh-Initiative geboren worden.

Ein Kraftakt sondergleichen für eine Einzelperson.
Ja. Ich habe alle Ersparnisse dafür aufgebraucht, habe wirklich buchstäblich alles gegeben für diese Initiative und ihr Zustandekommen. Und natürlich war ich letztlich nicht allein. Unzählige haben Unterschriften gesammelt und praktisch oder finanziell mitgetragen. Namhaft auch die
Fondation Franz Weber. Für all diese Unterstützung bin ich unendlich dankbar. Denn so ist die eidgenössische Volksinitiative zustande gekommen.

Wie hat die Initiative Ihr Leben verändert?
Eigentlich nicht gross. Ich arbeite noch immer auf meinem Hof im Jura. Seit zwei Jahren bin ich pensioniert. Dadurch habe ich natürlich etwas mehr den Rücken frei für diese Kampagne. Die Unterstützung landesweit ist überwältigend. Eine wunderbare Sache! Insbesondere die Art, wie
die Medien praktisch ausnahmslos positiv berichten, ist eine Riesenfreude und Ermutigung für mich. Ich danke allen!

Was, wenn die Hornkuh-Initiative abgelehnt wird?
Sie wird angenommen! Ich will ja das Enthornen nicht einmal verbieten. Die Initiative ist pragmatisch. Ich will nur aufmerksam machen, Anerkennung und finanzielle Unterstützung für jene Bauern gewinnen, die behornte Tiere halten. Der Betrag ist überschaubar und kann
anderswo problemlos eingespart werden. Selbst für Blumentöpfe und Zaunpflöcke gibt es Geld. Die Tiere aber leiden und wir trinken minderwertige Milch. So oder so weiss ich: ich habe meinen Beitrag für die Tiere und den Wandel in der Landwirtschaft geleistet.

Wie geht es nun weiter?
Wir warten die Abstimmung vom 23. September mit zwei landwirtschaftlichen Vorlagen ab. Dann legen wir los mit der Kampagne. Richtig lanciert  wird sie mit einer Medienkonferenz am 2. Oktober. Nochmals: Jedes Ja wird zählen! Ich bin dankbar für jede einzelne Ja-Stimme.

 

Mehr Informationen:

  • Unsere Projektseite «Hornkuh-Initiative»
  • Dieser Artikel wurde erstmals im Journal Franz Weber 125 publiziert. Die PDF-Version aller bisheriger Journale finden Sie hier.
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