13.02.2018
Vera Weber

«Die Natur ist unser Kapital»

Das Zweitwohnungsgesetz wird noch immer torpediert und hintergangen, wo es nur geht. Doch das Bundesgericht hat der Fondation Franz Weber (FFW) und Helvetia Nostra wiederholt den Rücken gestärkt. Eine spannende und aufschlussreiche Kolumne von FFW-Präsidentin Vera Weber in den «Schaffhauser Nachrichten».

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, Gesetze zu umgehen. Dies musste ich – und muss es leider immer noch – nach der Annahme unserer Initiative gegen den uferlosen Zweitwohnungsbau erkennen. Findige Politiker und Juristen brachten sich in Stellung. Sie heckten Strategien aus, wie man die von Franz Weber und Helvetia Nostra lancierte Initiative aushebeln könnte. Im Kanton Wallis scheint es besonders viele Wege und Willen zu geben, den Schweizer Volkswillen zu missachten. Mit dem immergleichen Lamento: «Wirtschaftsfeindlich» sei das Zweitwohnungsgesetz. Die Bewohner der Dörfer nagten bald am Hungertuch, wenn nichts Grosses gebaut werden könne.

So haben noch letztes Jahr Lobbyisten der Bauwirtschaft und Immobilien-Promotoren versucht, das Gesetz, welches 2016 aufgrund der Initiative und des danach ausgehandelten historischen Kompromisses in Kraft trat, erneut zu torpedieren. Ein Walliser Ständerat wollte den Hotels erlauben, 100 statt der gesetzlich verankerten 50 Prozent des Bauvolumens für Zweitwohnungen zu nutzen.

Ein flagranter Verstoss gegen Treu und Glauben des erwähnten Kompromisses zwischen Initianten und Initiativ-Gegnern. Das Parlament lehnte den Vorstoss glücklicherweise ab. Nach wie vor aber eröffnet sich buchstäblich ein weites Feld für all jene, die unsere Landschaft rücksichtslos verbauen wollen.

Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, demokratisch errungene Gesetze um- und durchzusetzen. Dies durfte ich – und darf es glücklicherweise immer wieder erfahren. So konnten wir dank Einsprachen, Gesuchen um aufschiebende Wirkung, Beschwerden und Rekursen durch Helvetia Nostra gegen die Erstellung neuer Zweitwohnungen bereits mehr als 1100 Neubauten in Tourismusgebieten verhindern.

Zudem durfte Helvetia Nostra diesen Januar vor dem Bundesgericht in Lausanne einen weiteren grossen Erfolg feiern: Das oberste Schweizer Gericht hiess ihre Einsprache gegen die Baubewilligung von zwei monströsen Chalets in Verbier gut. Es sei «offensichtlich», dass hier Zweitwohnungen gebaut werden sollten. Mit diesem Urteil wird dem Missbrauch von Ausnahmebestimmungen ein klarer Riegel geschoben. Solch wegweisende Entscheide zeigen, dass man mit dem rechten Willen den richtigen Weg beschreiten kann. Zur Bewahrung der Schweizer Natur und Landschaft vor dem fortgesetzten Zubetonieren.

Mit der Annahme der Initiative gegen den uferlosen Zweitwohnungsbau hat das Schweizervolk den Behörden ein geeignetes Werkzeug dafür in die Hand gegeben. Die Fondation Franz Weber und Helvetia Nostra werden die Behörden weiterhin wachsam und konstruktiv begleiten. Auch der Zeitgeist gibt uns recht: Die kalten Betten der Zweitwohnungen verkommen zum wenig gefragten Auslaufmodell des letzten Jahrhunderts.

Laut Tourismusexperten ist die Natur der stärkste Magnet für Reisen in die Schweiz. Die Schönheit der Bergwelt macht den Unterschied. Vielleicht begreifen dies dereinst auch Bau-Magnaten, die unbelehrbar über die «schlimmen Auswirkungen» des Zweitwohnungsgesetzes jammern. Sie tun dies ohne jeden Grund: Die während der Abstimmungskampagne heraufbeschworenen Horrorszenarien sind ausgeblieben. Dies lässt sich so klar feststellen wie meine bestärkende Erkenntnis: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Zur Bewahrung der wunderschönen Landschaften der Schweiz.

Vera Weber, Präsidentin der Fondation Franz Weber

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