Der lang ersehnte Erwerb unseres neuen Horts des Friedens ist endlich abgeschlossen, und wir können unsere zahlreichen argentinischen Schützlinge nun dort aufnehmen! Nach sieben Jahren auf einem zu klein gewordenen Gelände in einem Naturparadies, das immer feindlicher wurde, können die von uns geretteten Tiere schon bald auf einem Gebiet mit mehr als 300 Hektaren Grasland und Bergweiden herumtollen. Doch bevor die Tiere, ebenso wie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese redlich verdiente Freiheit und Fläche geniessen können, warten noch etliche Herausforderungen auf unser Team.
«Sie haben schon wieder die Zäune zerschnitten und Sie wollten die Pferde stehlen. Einige Tage später haben sie sogar geschossen und einen unserer Mitarbeiter nur knapp verfehlt. Die Lage hier wird immer gefährlicher». Angesichts der Berichte von Alejandra Garcia, Leiterin von Equidad, konnten wir uns nicht erlauben, noch länger zu zögern: Verstärkt noch durch die Gesundheits- und Wirtschaftskrise gab es immer häufiger Versuche, unsere Tiere anzugreifen und zu stehlen. So mussten wir unverzüglich Vorkehrungen treffen, um unsere Beschäftigten und unsere Schützlinge in Sicherheit zu bringen. Denn die von uns geretteten Pferde und anderen Tiere wecken die perfide Gier von Eindringlingen, die – vor allem in diesen Krisenzeiten – lediglich Fleisch und leicht verdientes Geld in ihnen sehen. Neben der Sicherheitsnotlage war auch die Haltung von nahezu 300 Tieren auf zehn Hektaren nicht länger zumutbar.
Ein Hort des Friedens
Angesichts dieses Szenarios wurde unser Traum endlich Wirklichkeit: In einigen Wochen können wir beginnen, unsere Schützlinge zu ihrem neuen Landgut zu befördern, wo 312 Hektaren abgeschiedene Natur auf sie warten! Doch der schwierigste Teil steht uns noch bevor, denn unsere vierbeinigen Freunde leiden nach jahrelang erlittenem Missbrauch unter den Folgen früherer Traumata und schwerer körperlicher Verletzungen. Daher sind sie furchtsam und gehorchen nicht immer. All der Liebe und Fürsorge, die wir ihnen täglich entgegenbringen, zum Trotz bleiben einige von ihnen in ihren Ängsten gefangen. Es ist uns nicht möglich, ihnen zu erklären, dass der chaotische Transport auf engem Raum über 60 Kilometer schwer befahrbare Bergstrassen, den wir ihnen zumuten, einzig und allein dem Zweck dient, ihnen ein besseres Leben zu bieten. Und deshalb müssen wir all unseren Einfallsreichtum einsetzen, um sie möglichst gut auf diese Reise vorzubereiten und ihnen ihre Ängste zu nehmen.
Ein starkes Team
Wie immer können unsere Schützlinge auf ihre Schutzengel zählen, die ihnen auf dieser heiklen Mission zur Seite stehen werden. Sechs angestellte und acht ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ständig zwischen dem altem und dem neuen Gnadenhof hin und her wechseln: Sie werden nicht nur das neue Gelände herrichten und die ersten Ankömmlinge betreuen, sondern sich auch um die Tiere kümmern, die sich noch auf dem alten Gnadenhof aufhalten. Um die sensibelsten Tiere bestmöglich vorzubereiten, wurde zudem ein Tierpädagoge engagiert. Ihm wird gewiss nicht langweilig werden bei unserer Menagerie aus 160 Pferden, 1 Büffel, 10 Hähne, zwei Maultieren, vier Ponys, 7 Eseln, drei Zwergeseln, 14 Kühen, 23 Ziegen, 11 Schafen, 25 Schweinen, drei Wildschweinen, vier Lamas und 25 Hunden!
Umfangreiche Planung und Arbeit Unsere Teams aus Mitarbeitern und Freiwilligen arbeiten hart. Wir müssen den Umfang dieser 312 Hektaren einzäunen, damit wir im Falle eines Waldbrandes eine Brandmauer aufstellen sowie den Zustand des Zaunes überprüfen, beschädigte Pfosten und Drähte ersetzen können. Der zweite Schritt besteht darin, grosse Paddocks zu bauen, auf denen Pferde, die alt sind oder gesundheitliche Probleme haben, sicher leben können. |
Wir bereiten die Tiere einzeln vor
Als realistische Optimisten haben wir uns zum Ziel gesetzt, in zwei Monaten mit der Evakuierung unserer Gefährten fertig zu sein. Schätzungsweise werden etwa dreissig Fahrten erforderlich sein, da wir die Empfindlichkeiten und Wesensverwandtschaften der einzelnen Tiere berücksichtigen müssen, um kleine Transportgruppen zu bilden. Zwar müssen wir bei all unseren Schützlingen mit viel Aufwand und Mühen rechnen, doch die grössten Sorgen machen uns unsere Rinder, besonders Laura, unsere aus einem Zoo gerettete Büffelkuh. Ihr Transport nach Equidad wird uns für immer in Erinnerung bleiben:
Drei Stunden waren nötig, um sie zu verladen! Da sie ein launisches Temperament besitzt – manchmal zeigt sie uns ihre Zuneigung, dann wieder geht sie auf Distanz –, fürchten wir ihre Stimmungsschwankungen, die ihren Transfer erschweren und verzögern könnten. Es wird eine wesentliche Aufgabe unseres Pädagogen sein, sie mit ihrer Verladung vertraut zu machen und ihr die Angst davor zu nehmen. Unsere 14 Kühe und Stiere haben wir darauf trainiert, Menschen zu meiden – eine unerlässliche Massnahme, um sie vor gefährlichen Begehrlichkeiten zu schützen. Auch sie können auf die Kompetenz und das Wohlwollen unseres Spezialisten zählen, der sie lehren wird, gelassen in einen Anhänger zu steigen.
Reisen mit Sorgfalt…
Nach den Rindern gehören die Schweine zu den Tieren, deren Transport am heikelsten sein wird. Diese äusserst sensiblen Tiere sind dafür bekannt, unter starkem Stress einen Herzstillstand zu erleiden – vor allem auf der Fahrt zum Schlachthof. Daher werden für sie besondere Transportbedingungen gelten: Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir sie jeweils zu zweit in unseren Autos mitnehmen! Um vor bösen Überraschungen gefeit zu sein, haben wir bereits jetzt die Behörden und die Polizei verständigt, damit sie sich nicht über unsere besondere Art des Carsharings wundern!
…und in guter Gesellschafts!
Stress und die Sensibilität unserer kleinen Überlebenden mit schwerer Vergangenheit sind nicht die einzigen Herausforderungen, vor die uns unser Mammutumzug stellt: Wir müssen auch auf die Empfindlichkeit und die Krankheiten jedes Tiers Rücksicht nehmen. Tornadito, unser kleines Pony, ist eines der Tiere, für die besondere Reisevorkehrungen getroffen werden müssen. Da es durch einen alten, schlecht verheilten Beinbruch mit Sehnenkontraktur behindert ist, benötigt es eine Gummimatte, damit es fast zwei Stunden lang das Gleichgewicht halten kann. Zur Sicherheit werden im Anhänger Kameras installiert, damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihm zu Hilfe eilen können, falls es Probleme geben sollte. Es wird auf die Unterstützung von Rialto zählen können, seinen besten Freund, ein altes Pferd. Die beiden sind inzwischen unzertrennlich, und Rialto wird mit ihm reisen!
Weitere unzertrennliche Pferde sind unsere schöne Silvina und ihr Stutenfohlen Soledad, die selbstverständlich gemeinsam reisen werden. Dank der Videoüberwachung des Anhängers kommen auch sie in den Genuss eines abgesicherten Transports.
Unsere kleinen Lamas werden den Gnadenhof als letzte verlassen. Bis sie uns ihr Vertrauen schenken, wird es noch lange dauern. Doch immerhin haben wir einen wichtigen Trumpf in der Hand, um sie zu erweichen: Mais! Wir zählen darauf, dass ihre Naschhaftigkeit grösser sein wird als ihre Scheu und sie dazu bringen wird, uns in den Anhänger zu folgen, ohne in Panik zu geraten.
Neue Herausforderungen
Wie Sie sich sicher denken können, beschränkt sich unsere Aufgabe für die kommenden Monate nicht auf die Vorbereitung der Tiere und ihren Transport. Denn parallel dazu muss sich unser Team um die Ausstattung des neuen Gnadenhofs kümmern. Obgleich dieser ein echtes Paradies ist, fehlen noch einige zentrale Infrastrukturen, um unsere zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere Angestellten bestmöglich unterzubringen.
So müssen wir Material kaufen – und von unserem aktuellen Standort mitnehmen – um Zäune zu errichten, damit unsere kleinen Gefährten nicht ausreissen. Auch die Wohngebäude, in denen wir unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufnehmen können, müssen restauriert werden.
Eine weitere Herausforderung ist die Abgeschiedenheit des neuen Gnadenhofs. Zwar ist sie unter Sicherheitsaspekten ein Segen, doch zugleich erschwert sie die Kommunikation mit der Aussenwelt sowie in medizinischen oder tiermedizinischen Notfällen. Daher müssen wir einen Anhänger kaufen, der dazu geeignet ist, zwei Pferde in die Klinik zu transportieren – die Tierklinik von Córdoba ist drei Autostunden entfernt. Zudem müssen wir eine «Krankenstation» für die Tiere einrichten, die vor Ort behandelt werden müssen.
Und schliesslich müssen wir, trotz der zahlreichen am neuen Standort bereits vorhandenen Sonnenkollektoren, eine Möglichkeit finden, Internet und Telefon über Satellit einzurichten und alle unsere Gebäude mit Strom zu versorgen.
Kurz, es liegt noch ein langer Weg vor uns, doch das Ziel rückt näher. Das Wesentliche haben wir bereits erreicht: Bald müssen wir nicht mehr um unser Leben und das unserer Schützlinge bangen!
Hegen, Pflegen, Schützen Auf den 312 Hektaren unseres neuen Landes leben zahlreiche einheimische Tierarten, die im Wald ihre Heimat und ihre Nahrung finden. Hier können sie geschützt vor menschlichen Eingriffen leben. Aus diesem Grund wird die Naturforscherin Ximena Merelle Dherve eine Weile bei uns bleiben und alle wildlebende Tier- und Pflanzenarten katalogisieren. So können wir Programme entwickeln, um sie besser schützen. Ximena hat bereits begonnen, die Vögel des Ortes zu fotografieren, die uns mit ihrer Schönheit und ihren Farben überraschen. |
Mehr Informationen: