27.03.2024
Anna Zangger

In einem Jahr mehr als 60 Bäume gerettet!

Seit Anfang 2023 haben die Fondation Franz Weber (FFW) und ihre Schwesterorganisation Helvetia Nostra (HN) über 60 Bäume gerettet. Zudem ist es ihnen gelungen, in zahlreichen weiteren Fällen Neuanpflanzungen zu verbessern, wenn der Baum nicht erhalten werden konnte. Für unser kleines Team ist das ebenso sehr eine Mammutaufgabe wie mühevolle Kleinarbeit.

Die Bäume sind unsere besten Verbündeten im Kampf gegen die immer verheerenderen Auswirkungen des Klimawandels – insbesondere in den Städten, wo Wärmeinseln zu einer immensen Belastung werden, und es an bewaldeten Flächen mangelt. Bäume liefern uns Sauerstoff, reinigen unsere Luft (und bekämpfen so die Umweltverschmutzung), erhöhen die Luftfeuchtigkeit (die uns in Dürreperioden so sehr fehlt), stabilisieren und verbessern die Durchlässigkeit der Böden (wodurch sie insbesondere Erdrutsche und Sturzfluten verhindern), senken die Temperatur, usw. Eine kürzlich in The Lancet veröffentlichte Studie zieht denSchluss, dass sich durch die vermehrte Anpflanzung von Bäumen in städtischen Gebieten die direkt durch Hitzewellen bedingten Todesfälle um ein Drittel reduzieren liessen. Die Stadtverwaltungen begreifen dies allmählich. So strebt Lausanne bis 2040 ein «Kronendach» (Bodenbedeckung durch die Blätterkronen sämtlicher Bäume) von 30 Prozent des Stadtgebiets an. Genf verspricht, jeden gefällten Baum durch drei neu gepflanzte Bäume zu ersetzen. Nach Ansicht des Kantons Zürich «leistet die Anwesenheit von Bäumen in den Gemeinden nicht nur einen wertvollen Beitrag zum Siedlungs- und Landschaftsbild sowie zur Biodiversität, sondern trägt zugleich massgeblich zu einem angenehmen lokalen Klima bei».

Bäume werden aus fadenscheinigen Gründen gefällt

In der Schweiz werden Tag für Tag zahlreiche Bäume (ausserhalb des Waldes) gefällt, weil sie ein Bauvorhaben behindern, den Nachbarn die Sicht versperren, zu viele Blätter verlieren, angeblich krank sind, Strassen oder irgendeine andere öffentliche Infrastruktur beeinträchtigen oder «zu viel» Schatten werfen. Die für ihre Fällung angeführten Gründe sind vielfältig, lassen sich jedoch alle auf dasselbe Problem zurückführen: Wir Menschen haben nur unsere Interessen, unseren kurzfristigen Profit im Blick und vergessen dabei allzu oft, dass wir ohne die Bäume, die wir gedankenlos fällen, Gefahr laufen, zu ersticken.

Der Erhalt der Bäume muss für uns an erster Stelle stehen

Den Bauunternehmern und sogar einigen Gemeinden fällt das Umdenken schwer. So hält sich hartnäckig der Glaube, dass Bäume leicht zu ersetzen sind, dass man nur einen Baum neu pflanzen muss, um den Verlust des Baums auszugleichen, den man zerstört. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus, denn die von den erwachsenen – insbesondere alten – Bäumen erbrachten Ökosystemleistungen lassen sich durch die geringen Kapazitäten junger Bäume (die zudem ungünstige Wachstumsbedingungen vorfinden) nur schwer «ausgleichen». Laut den jüngsten wissenschaftlichen Studien auf diesem Gebiet müssten bis zu 400 Bäume gepflanzt werden, um den Wert eines einzigen alten Baums adäquat zu ersetzen! Daher muss der Erhalt der Bäume für uns oberste Priorität haben, und ihr Ersatz darf nur das letzte Mittel sein.

In einem Jahr mehr als 60 Bäume gerettet!

Seit Anfang 2023 konnten die FFW und HN mehr als 60 Bäume retten, die in der ganzen Schweiz hätten gefällt werden sollen. Entweder verzichteten die Bauherren/Eigentümer nach der Intervention unserer Organisationen auf die Fällung oder die Behörden lehnten die Anträge letztendlich ab. 60 Bäume sind ein kleiner Wald! Wo es nicht gelang, die Bäume vor der Fällung zu retten, erreichten wir in zahlreichen Fällen eine Verbesserung der Ausgleichspflanzungen: Dutzende Bäume wurden so neu gepflanzt, zusätzlich zu denen, die die Bauherren/Eigentümer ursprünglich vorgesehen hatten!

Wie rettet man einen Baum?

Alles beginnt mit einer Warnung eines Bürgers, der besorgt ist über einen Antrag auf Fällung oder eine verdächtige Auflage. Dann wird die FFW aktiv, indem sie entweder mit der betreffenden Gemeinde oder mit den Bauherren Kontakt aufnimmt. Alternativ interveniert sie über ihre Schwesterorganisation Helvetia Nostra, die eine formelle Einsprache gegen die beantragte Fällung einreicht. Daraufhin finden im Allgemeinen Gespräche mit der Gemeinde und den Bauherren/Eigentümern statt, in denen versucht wird, eine einvernehmliche Lösung zu finden – was in beinahe 80 Prozent der Fälle zu einer Einigung führt. In den anderen Fällen legen wir, je nachdem, wie wir unsere Erfolgschancen einschätzen, Rechtsmittel bei den Gerichten ein. Die meisten dieser Fälle sind noch anhängig. Ende 2023 haben wir jedoch bereits einen wichtigen Sieg errungen: Im Kanton Waadt lehnte das Kantonsgericht ein riesiges Bauprojekt in Lausanne ab, weil die Situation der Bäume nicht ausreichend berücksichtigt worden war.

Das Problem: sehr unterschiedliche Gesetze

Der Schutz der Bäume ausserhalb des Waldes ist nicht auf Bundesebene geregelt, sondern fällt in die Zuständigkeit der Kantone. Einige Kantone haben detaillierte Gesetze zum Schutz des Baumbestands angenommen. Das Gesetz über den Schutz des Natur- und Landschaftserbes, (LPrPNP) des Kantons Waadt ist bislang das strengste. Andere lassen den Gemeinden völlige Freiheit (Bern und Freiburg). Wieder andere haben praktisch nichts vorgesehen (Wallis).

Der Schutz der Bäume ist also in der Schweiz bei Weitem nicht einheitlich geregelt. Während die Bäume in Waadt sehr gut geschützt sind, sieht die Lage für ihre Artgenossen nur wenige Kilometer davon entfernt im Wallis und Freiburg schon ganz anders aus. Die Verabschiedung eines Bundesgesetzes könnte dieses Problem ein für alle Mal lösen und endlich einen gleichwertigen Schutz für alle Schweizer Bäume sicherstellen.

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