Zierfischhandel ohne Kontrolle: Der Bundesrat bekräftigt in einer Interpellationsantwort, dass er Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Nachhaltigkeitsbedingungen für sehr schwierig bis unmöglich hält. Mit diesem Missstand sind auch die Initianten des geplanten Grossaquariums «Ozeanium» in Basel konfrontiert. Die Selbstdeklaration von Zierfischhändlern reicht nicht. Der unabhängige Nachweis der Nachhaltigkeit ist heute international nicht möglich.
Die Fondation Franz Weber begrüsst die Interpellation «Tierqual hinter Zierfischhandel» von Irène Kälin, welche unter anderem nach einem Importverbot für Wildfänge, welche aus nicht nachhaltiger Quelle stammen, sowie den dafür erforderlichen Massnahmen fragt. In seiner Stellungnahme zur Interpellation Kälin betont der Bundesrat nun: «Transparenz über die Herkunft und die Fangmethode angebotener Zierfische im Handel wäre wünschenswert. Die Kenntnisse über den Handel und die Fangmethoden weltweit sind jedoch noch sehr lückenhaft». Meeresbiologin Monica Biondo, wissenschaftliche Expertin für Korallenfische, hat den Schweizer Zierfischhandel in ihrer Doktorarbeit untersucht und bestätigt diese Einschätzung: «Die Handelskette ist enorm komplex. Die Fische werden in einer Region gefangen, und gelangen über zig Zwischenhändler mit diversen Transportmitteln – Boot, Auto, Flugzeug – in die Schweiz». Diesen Handelsbedingungen sind auch die «Ozeanium»-Initianten unterworfen. Zwar betonen die Befürworter des geplanten Grossaquariums in der Basler Innenstadt, auf die Expertise von langjährigen Lieferanten vertrauen zu können. Den Erweis für die nachhaltige Arbeitsweise dieser bisher nicht offengelegten Händler bleibt aber ausstehend. Monica Biondo, Expertin der Fondation Franz Weber, dazu: «Bis heute existiert keine internationale Überwachung des Handels. Sich auf Eigenaussagen und Selbstdeklarationen von Händlern zu berufen, um einen nachhaltigen Wildfang von Zierfischen zu ‚beweisen‘, ist irreführend und schlicht naiv».
Die Antwort des Bundesrats auf die Interpellation Kälin bestätigt diese Einschätzung im Bezug auf die Nachhaltigkeit. Der Bundesrat spricht sich im Moment gegen ein Importverbot von Wildfängen aus nicht nachhaltigen Quellen aus. Dies aus dem Grund, dass «Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung von Bedingungen im Ausland sehr schwierig bis unmöglich [wären]».
Vera Weber, Präsidentin der Fondation Franz Weber, dazu: «Wenn der Schweizer Staat den Erweis und die Kontrolle der Nachhaltigkeit im Zierfischhandel als unmöglich einschätzt, wie können die Ozeanium-Initianten Nachhaltigkeit versprechen? Ihre oftmals berufene ‚langjährige Erfahrung‘ ist eine reine Phrase und kann in keiner Weise als Beweis herhalten».
Die Fondation Franz Weber setzt sich seit 2011 international dafür ein, dass die Missstände im globalen Zierfischhandel endlich aufgedeckt und aktiv bekämpft werden. Die Forschungsarbeit von Biondo konnte jüngst erwirken, dass die Schweiz, gemeinsam mit den USA und der EU, an der nächsten Vertragsstaatenkonferenz des Abkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten (CITES) im Mai 2019 einen Antrag eingereicht hat, der verlangt, dass der Handel mit marinen Zierfischen untersucht wird. Die tierquälerischen Praktiken und die Ausmasse des Tierleids in der Aquarienindustrie müssen endlich quantifiziert werden. Nur so können wirkungsvolle Massnahmen für den Meeresschutz ergriffen werden.
Zierfischhandel in der Schweiz
Die Dimensionen des Schweizer Zierfischhandels sind grösser als auf den ersten Blick ersichtlich: Aufgrund von bilateralen Abkommen der Schweiz sind heute keine Angaben zu Importen aus der EU erhältlich, weshalb für eine wissenschaftliche Einschätzung des Handelsvolumens Vergleichsberechnungen erstellt werden müssen. Diese Berechnungen ergeben jedoch, dass jährlich wohl 220‘000 marine Zierfische in die Schweiz importiert werden.
Quelle: Global Ecology and Conservation. Quantifying the trade in marine ornamental fishes into Switzerland and an estimation of imports from the European Union (2017). Link zur wissenschaftlichen Publikation
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Photo credit: Gregg Yan (WWF)