05.07.2022
Alejandra Garcia

In Argentinien ist die Gefangenschaft von Elefanten bald Vergangenheit!

Unsere Kampagne zur Rettung der Elefanten aus den argentinischen Zoos macht gute Fortschritte: Zwei asiatische Elefantenkühe, Mutter und Tochter, konnten aus dem Ökopark von Mendoza auf unseren Partnergnadenhof in Brasilien umgesiedelt werden.

Nach der Umsiedlung von Mara im Mai 2020 sind nun Pocha und ihre Tochter Guillermina an der Reihe, ihre Füsse auf den Boden von Mato Grosso zu setzen und nach einem Dasein voller Entbehrungen zum ersten Mal in ihrem Leben frisches Gras und die Freiheit zu geniessen. Wie Sie sich denken können, ist es keine leichte Aufgabe, anstelle eines Elefanten gleich deren zwei umzusiedeln.

Internationale Zusammenarbeit
Trotz unserer eisernen Entschlossenheit wären wir ohne die Mitarbeit und das Fachwissen des Global Sanctuary for Elephants, wo unsere Schützlinge nun ein glückliches Leben führen, nicht weit gekommen. Dieses auf die Rettung von Dickhäutern spezialisierte Reservat wird von der berühmten NGO ElephantVoices geleitet.

Steinmauer als einziger Ausblick
So wie Mara sind auch Pocha und Guillermina durch die Hölle gegangen. Alle drei stammen vom selben Ort, nämlich dem Zoo von Mendoza, der in «Ökopark von Mendoza» umbenannt wurde, nachdem er sich verpflichte hatte, seine Dickhäuter in die Freiheit zu entlassen. Mehr als zwanzig Jahre lang beschränkte sich der Ausblick der zwei Elefantenkühe auf eine Steinmauer. Dabei sind sie dazu geboren, in einer Herde zu leben und täglich dutzende von Kilometern zurückzulegen.

Viele Jahre lang schaltete der Zoo von Mendoza, einer der ältesten Tierparks von Argentinien, auf taub, wenn es um das Leid dieser Tiere ging. Der an einem Abhang errichtete Zoo nahm lange Zeit ständig neue Arten auf, um immer mehr Besucherinnen und Besucher anzulocken. Das Problem dabei: Um die steile Hanglage auszugleichen, mussten einige Gehege in Gruben und Höhlen gebaut werden, um jeden Quadratzentimeter zu nutzen – und das natürlich auf Kosten des Tierwohls.

Fortschritt Ökopark
Es ist der Mobilisierung der Tierschutzaktivistinnen und -aktivisten zu verdanken, dass die argentinische Gesellschaft nach und nach auf das Schicksal der in den Zoos gefangen gehaltenen Tiere aufmerksam wurde. Die Zoos gerieten durch eine ihnen gegenüber immer feindseligere Öffentlichkeit in Bedrängnis. Vor diesem Hintergrund wurde 2016 nach der Verabschiedung eines Gesetzes durch die Provinz Mendoza der gleichnamige Zoo in einen Ökopark umgewandelt. Dieser wird von einer neuen Direktorin geleitet, die entschlossen ist, den Tieren eine bessere Zukunft zu bieten. Ihr Name ist Mariana Caram. Als leidenschaftliche Verfechterin des Tierwohls hat Mariana es sich zur Aufgabe gemacht, die Lebensbedingungen der in dem Park lebenden Tiere zu verbessern und – wann immer dies möglich ist – nach und nach ihre Umsiedlung auf entsprechende Gnadenhöfe zu organisieren.

Die Gelegenheit war günstig
Die FFW ist über den Ausgang, der das Ergebnis einer langfristigen Mobilisierung ist, hoch erfreut. In ihrer Rolle als Vermittlerin und Förderin machte sie Mariana Caram mit Scott Blais bekannt, dem Mitbegründer des Global Sanctuary for Elephants. So konnten sie gemeinsam eine Lösung für die in Gefangenschaft lebenden Elefanten von Mendoza finden. Das Timing war perfekt: Scott Blais befand sich gerade in Brasilien auf der Suche nach einem Gelände, auf dem er ein Reservat für die in Südamerika in Gefangenschaft lebenden Dickhäuter errichten konnte – den zukünftigen brasilianischen Gnadenhof für Elefanten. Mariana, die von seinem Projekt begeistert war, unterstützte ihn sofort. Auf der Stelle unterzeichnete sie eine Absichtserklärung, in der sie sich verpflichtete, vier Elefanten aus dem ehemaligen Zoo nach Brasilien zu schicken, sobald der neue Gnadenhof für die Tiere bereit wäre.

Ziel war es, Mara, Guillermina und ihre Eltern, Pocha und Tamy, sowie Kenya, den einzigen afrikanischen Elefanten im Zoo von Mendoza, schnellstmöglich nach Brasilien zu verlegen.

Der lange Weg in die Freiheit
Es war höchste Zeit, denn bevor dieser Beschluss gefasst wurde, war das Leben dieser unglücklichen Tiere ein einziges Martyrium. Pocha zum Beispiel gelangte in den 1960er Jahren nach Mendoza. Im Alter von nur vier Jahren wurde sie aus Deutschland umgesiedelt und lebte lange Zeit mit Tamy zusammen, einem asiatischen Elefanten, der in den Zoo kam, als ein Zirkus keine Verwendung mehr für ihn hatte. Nach einiger Zeit bekamen sie eine kleine Tochter, die auf den Namen Guillermina getauft wurde. Von da an ging es mit dem Leben der kleinen Familie bergab. Um weitere Geburten zu verhindern, beschloss der Zoo, Pocha und Tamy zu trennen und die zwei Weibchen in ein winziges Gehege von nur 300 Quadratmetern einzusperren, in dem sie durch eine Eisentür von Tamy getrennt waren. Nur durch einen kleinen Spalt zwischen den Gittern konnten sie miteinander kommunizieren.

Von der FFW koordiniertes und finanziertes Teamwork
Nach so vielen Jahren in Gefangenschaft mussten die Elefantenkühe sorgfältig auf ihr neues Leben vorbereitet werden, um ihnen die Anpassung zu erleichtern. Ohne vorheriges Training konnte man sie unmöglich auf eine mehrtägige Reise schicken und dann plötzlich in die Wildnis entlassen!

Daher wurde schnell ein Team zusammengestellt, um die Elefantenweibchen zu «coachen». Dank den von der FFW grosszügig zur Verfügung gestellten Mitteln konnten die Experten des brasilianischen Gnadenhofs das Mutter-Tochter-Duo darauf trainieren, all die medizinischen Untersuchungen (insbesondere Blutabnahmen) über sich ergehen zu lassen, die für den Erhalt einer internationalen Tiergesundheitsbescheinigung erforderlich waren – für den Grenzübertritt nach Brasilien eine zwingende Voraussetzung. Mutter und Tochter mussten zudem darauf vorbereitet werden, sich während der Reise voneinander zu trennen, da ein Transport in separaten Containern für ihren Komfort und ihre Sicherheit unerlässlich war.

Positive Verstärkung
Einen Elefanten zur Zusammenarbeit zu bewegen, ohne ihn zu traumatisieren, ist eine echte Herausforderung, für die man Zeit, viel Geduld und vor allem Leckerbissen in Hülle und Fülle benötigt! Im Falle von Pocha und Guillermina musste zudem die beengte und schwer zugängliche Umgebung berücksichtigt werden, in der sie lebten. Ohne Bauarbeiten war es unmöglich, die Container in die Grube zu befördern, um das Training durchführen zu können. Das Gehege musste daher für das Training angepasst und eine Mauer eingerissen werden. Nachdem die Container aufgestellt waren, dauerte es ein ganzes Jahr, bis die Elefantenkühe mithilfe von Futter gelernt hatten, in sie hinein und wieder aus ihnen herauszusteigen.

Nach einem Jahr waren Pocha und Guillermina endlich bereit für die grosse Reise. Die Elefantenkühe waren mit hren Transportkäfigen so vertraut, dass sie sie sogar zum Spielen benutzten! Nichts blieb dem Zufall überlassen: Mutter und Tochter waren während des Transports einander zugewandt, damit sie sich auf der fünftägigen Fahrt zum Gnadenhof sehen und miteinander kommunizieren konnten.

Die Reise ihres Lebens
Begleitet von ihren Pflegern, dem Team des Gnadenhofs und zwei Mitgliedern unseres Teams (Federico Sordo und Leandro Fruitos) konnten Pocha und Guillermina die lange Reise in ihr neues Leben antreten. Nach einer fünftägigen Fahrt, auf der alle zwei bis drei Stunden ein Zwischenstopp eingelegt wurde, trafen Mutter und Tochter endlich in ihrem neuen Zuhause ein. Doch bei ihrer Ankunft erlebten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Schock: Pocha war nicht dazu zu bewegen, ihren Container zu verlassen. Mehr als acht Stunden lang verharrte sie deprimiert in ihrem Käfig und weigerte sich, hinaus ins Helle zu gehen. Also machte Guillermina den ersten Schritt! Durch die Gegenwart ihrer Tochter beruhigt, entschied sich Pocha schliesslich, ihr ins Unbekannte zu folgen.

Von ihrem alten Leben gezeichnet
Leider hat die Gefangenschaft bei diesen Tieren Spuren hinterlassen: Es dauerte mehrere Tage, bis Pocha und Guillermina sich über die Komfortzone hinauswagten, die sie sich bei den Containern eingerichtet hatten – und dies trotz der Annäherungsversuche anderer Elefanten des Gnadenhofs, die sie willkommen heissen wollten. Pocha und Guillermina haben zu lange in ihrer Blase gelebt, um sich innerhalb weniger Tage neuen Reizen zu öffnen. Sie werden Zeit brauchen, um ihre Instinkte wiederzuerlangen und Freude am Leben in einem weitläufigen Gebiet zu entwickeln. Auch wenn die Langsamkeit, mit der der Lernprozess stattfindet, für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwas frustrierend ist, da sie sich mit ganzer Kraft für das Glück dieser Tiere einsetzen, verzeichnen unsere Partner kleine Fortschritte. So besprenkeln sich die zwei Elefantenkühe seit einiger Zeit mit Sand – ein Zeichen des Glücks und Wohlbefindens. Das Wichtigste ist geschafft: Jetzt haben sie den Raum und die Zeit, um aufzublühen und richtig leben zu lernen!

Nach der erfolgreichen Umsiedlung von  Mara (2020), Pocha und Guillermina (2022) haben wir nicht vor, uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen. Wir bereiten schon wieder mit Hochdruck den Umzug weiterer Elefanten auf den Gnadenhof vor. Die nächsten Passagiere für die Reise nach Brasilien sind: Kenya, ein afrikanischer Elefant, der ebenfalls aus dem Ökopark von Mendoza stammt, Kuki und Pupi, zwei afrikanische Elefanten aus dem Ökopark von Buenos Aires, und schliesslich Tami, Guillerminas Vater. Ihre Umsiedlung hat Symbolcharakter, denn sie sind die letzten Elefanten, die in Argentinien gefangen gehalten werden. Sind sie erst einmal in Sicherheit, darf Argentinien stolz darauf sein, dass dort kein einziger Elefant mehr in Gefangenschaft lebt! Doch wir wollen noch mehr erreichen: So viele andere Elefanten in Südamerika träumen hinter ihren Gitterstäben von einem besseren Leben! Diesen Tieren die Freiheit und Würde zurückzugeben, die der Mensch ihnen geraubt hat, ist das Mindeste, was wir von der Fondation Franz Weber tun können.
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