01.10.2020
Leonardo Anselmi

Die Fondation Franz Weber kommt der Karibik zu Hilfe

Die Karibik ist in grosser Gefahr: Überfischung und Massentourismus richten die Karibik nach und nach zugrunde. Doch noch besteht die Hoffnung, dass dieses einzigartige Welterbe am Leben erhalten werden kann. Mit Unterstützung der «Gran SeaFlower»-Kampagne der Fondation Franz Weber (FFW) wollen sechs Länder die Tierwelt und das Ökosystem retten.

Die Karibik – Sonne, Kokospalmen, türkisblaues Wasser und weisse Sandstrände. Doch dieses Paradies ist in höchster Gefahr. Denn die Überbevölkerung an den Küsten, zerstörerische Fischereipraktiken und der Massentourismus richten die Ressourcen der Karibik nach und nach zugrunde. Deshalb hat der weltberühmte Archipel für seine Landschaften und paradiesischen Unterwasserwelten bald nichts mehr mit dieser Postkartenidylle gemein.

«GranSeaflower»-Kampagne
Wegen der Dringlichkeit entwickelte die Fondation Franz Weber (FFW) die Kampagne «Gran SeaFlower». Mit dieser Plattform will die FFW sechs Karibikstaaten für ein gemeinsames Projekt zur Rettung dieses weltweit einzigartigen Naturerbes gewinnen. Zudem soll mit der Kampagne eine staatsübergreifende Einigung über Umweltmanagement in der Südwestzone dieser Tropenregion erzielt werden.

Gemeinsame Strategie 
Das Projekt «Gran SeaFlower» wurde in der Region gut aufgenommen. Deshalb konnte die FFW rasch wissenschaftliche und politische Partner in mehreren Ländern finden. So in Kolumbien, Costa Rica, Honduras, Jamaika, Nicaragua und Panama. Diese lokale Verankerung und Unterstützung sind in den Augen der FFW unerlässlich. Denn ohne die Mitwirkung der angrenzenden Länder, die von den Umweltschäden in der Region betroffen sind, lässt sich nichts erreichen.

FFW unterstützt ohne Mahnfinger 
Die FFW definiert und praktiziert ihre Rolle wie folgt: Sie macht Vorschläge, ermutigt die Behörden der betroffenen Länder und bietet ihre Unterstützung an. Dies jedoch ohne den Mahnfinger zu erheben oder die Moralkeule zu schwingen. Der FFW ist es ein grosses Anliegen, den lokalen Gemeinschaften als Plattform sowie als Beraterin und Vermittlerin zu dienen. Die Plattform soll auch ermöglichen Beziehungen zu knüpfen, zusammen zu arbeiten und ein ganzheitliches und regionales Kultur- und Naturschutz-Management in die Wege zu leiten. So gelang es, mit verschiedenen Ländern Arbeitsgruppen zu bilden, die wiederum als lokale Vermittler fungieren sollen. Diese Gruppen haben drei Schwerpunkte erstellt: Einen ethischen, einen wissenschaftlichen und einen institutionellen. Auf dieser Grundlage soll eine ganzheitliche Strategie für die Erhaltung und die Wiederherstellung des drittgrössten Korallenriffs der Welt aufgebaut werden.

Einzigartige Artenvielfalt 
Aus wissenschaftlicher Sicht kann der Beitrag, den dieses artenreiche Gebiet für die globale biologische Vielfalt leistet, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Bericht über die regionale Evaluierung der Biodiversität und der Ökosystem-Dienstleistungen für Amerika 2019 zeigt auf: Der Südwesten der Karibik besitzt die artenreichste Küsten- und Meeresfauna und -flora von ganz Amerika und somit der gesamten westlichen Hemisphäre.

Grösste Riffhai-Population
Mehrere Arten sind ausschliesslich in dieser Region der Tropen vorzufinden, darunter insbesondere der Riffhai. Während er in allen anderen Gegenden extrem selten vorkommt, bevölkern zahlreiche Riffhaie den Archipel von San Andrés, der den Namen Seaflower trägt. Dieser Seaflower wurde im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltbiosphären-Reservat erklärt. Die Tiere sind an den verschiedenen Standorten und am Seaflower so zahlreich, dass sie die bedeutendste Population von Riffhaien der gesamten Karibik bilden.

Dramatische Situation der Riffhaie
Über vier Jahre wurden weltweit an 371 Riffen in 58 Ländern die Riffhaie beobachtet, gezählt und registriert. Das Resultat der Studie wurde in der Zeitschrift Nature publiziert: Der Bestand der Riffhaie ging in den meisten Ozeanen dramatisch zurück. So wurden in der Dominikanischen Republik, in Katar, Vietnam und Kenia in einer 800 Stunden langen Video-Aufzeichnung nur gerade drei Riffhaie registriert. Fazit: Die Situation ist viel besorgniserregender ist als angenommen. Schlimmer noch: In 20 Prozent der untersuchten Riffe konnten überhaupt keine Haie mehr aufgespürt werden. Das heisst: Die Haie sind in diesen durch Überfischung geschädigten Ökosystemen praktisch ausgestorben.

Virtueller Austausch
Die Gesundheitskrise durchkreuzte die Pläne der FFW und der Arbeitsgruppen. Wegen Covid-19 mussten drei grosse Gipfeltreffen abgesagt werden. Bei den geplanten Treffen im März hätte die «Gran SeaFlower»-Kampagne vorgestellt werden sollen. Doch die Teams liessen sich nicht entmutigen. So wurde die Kampagne «Gran SeaFlower» umgestaltet, um sie den durch die Pandemie bedingten Einschränkungen anzupassen. Dank des virtuellen Austausches konnten die Arbeitsgruppen, die sich für dieses Programm der internationalen Zusammenarbeit einsetzen, weitergeführt werden.

Website als Forum 
Durch die Quarantäne fanden die Teams zudem Zeit, die Website der Kampagne zu entwerfen und dort alle Projekte aufzulisten – sie wird im Herbst aufgeschaltet . Die Besucher der Seite werden Zugang haben zu einem neuen Menü mit interaktiven Karten und exklusiven wissenschaftlichen Inhalten sowie einer Projektbank. Als Ort des Austauschs wird die Website nun auch ein Forum des Dialogs für alle, die sich an der Diskussion beteiligen wollen. Zu den Zielgruppen gehören insbesondere Fischer und Lehrkräfte, die mit ihren Kenntnissen und ihrer Erfahrung einen Beitrag zu den Projekten leisten können.

Nationale Fronten überwinden
Doch die Kampagne muss noch zahlreiche Hürden nehmen, um den Dialog zwischen den Staaten zu stärken, die in Einzelgänger-Denkmuster verfallen sind. Das Hauptziel der FFW ist es daher, die nationale Frontenbildung zu überwinden, um den Umweltschutz ins Zentrum der Debatte zu stellen.

FFW plant Umweltpolitik-Schule 
Die FFW plant eine «Karibische Schule für Umweltpolitik» auf die Beine zu stellen. Hauptziel: Die Kultur der Ökologie soll demokratisiert werden. Und die Politiker sollen für wissenschaftliche sowie für Umwelt-Fragen sensibilisiert werden. Ein weiteres Ziel ist es, in der Karibik die Regionen zusammen zu schweissen. Denn: Die Karibik ist ein gemeinsames Erbe für alle angrenzenden Länder, deshalb liegt es im Interesse aller Staaten, die Karibik zu schützen!

FFW wird unterstützt 
Wie ein Samenkorn entwickelt sich diese Idee nach und nach. Doch es wird Zeit brauchen, um die der Gesundheits- Situation geschuldeten Hindernisse und Zwänge zu überwinden. In der Zwischenzeit wandeln sich viele Dinge zu Gunsten der Natur und der Tiere: Die Staaten begreifen allmählich, dass der Schutz der natürlichen Ressourcen in ihrem eigenen Interesse liegt. Und die FFW kann dabei auf die Unterstützung der lokalen und wissenschaftlichen Gemeinschaften zählen. Die Zeit drängt. Daran hat uns Covid-19 auf grausame Weise erinnert. Nur wenn alle Kräfte zur Stärkung und Rettung der Karibik mobilisiert werden, kann der Planet Erde einer etwas weniger düsteren Zukunft entgegensehen!

 

Mehr Informationen:

  • Unsere Projektseite: «Gran SeaFlower»
  • Dieser Artikel wurde erstmals im Journal Franz Weber 133 publiziert. Die PDF-Version aller bisheriger Journale finden Sie hier.
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