19.04.2023
Viktoria Kirchhoff

Viele Erfolge und Fortschritte – aber noch immer viel zu tun

Seit 2021 befindet sich der Gnadenhof Equidad auf dem neuen, grossen Grundstück zwischen den wunderschönen Hügeln von San Marcos Sierras in der Provinz Córdoba. Auch wenn wir mit dem Gnadenhof bereits vieles erreicht haben, stehen wir auf dem riesigen Areal auch immer wieder vor neuen Hürden und Herausforderungen.

Weg von der Enge, Kriminalität und Pferdedieben! Mit diesem Ziel wurde im Jahr 2021 der Standort des Gnadenhofs Equidad in die wunderschönen Hügel von San Marcos Sierras in der Provinz Córdoba verlegt. Hier haben die Schützlinge viel Platz, sie können frei auf dem 320 Hektar grossen Grundstück herumlaufen und in Frieden leben. Die grosse Weite hat allerdings auch ihre Schattenseiten. So stehen wir immer wieder vor neuen Hürden und Herausforderungen, auch wenn wir mit unserem Gnadenhof Equidad bereits vieles erreicht haben.

Die Pferde auf Equidad sind nicht in dem Sinne «wild», wie es zum Beispiel die Brumbies auf unserem Reservat Bonrook in Australien sind. Es handelt sich um Pferde, die ihr Leben lang in Gefangenschaft
geschuftet haben. Sie sind es sich nicht gewohnt, ihr Fressen selbst suchen zu müssen. Zusätzlich hat die fürchterliche Dürre letzten Jahres den Boden dermassen ausgetrocknet, sodass das Grundstück
nicht genug Nahrung hergibt, um die rund zweihundert Pferde und die anderen geretteten Tiere wie Ziegen, Kühe, Schweine und so weiter zu ernähren. So müssen wir nun doch wieder Alfalfa und Heu kaufen, um die Gesundheit unserer Schützlinge sicherzustellen. Damit die schwachen, kranken und alten Pferde genügend Futter bekommen und besser vom Team gepflegt werden können, sollten sie von den jüngeren, stärkeren Pferden getrennt werden. Dazu müssen weitere Gehege, Futterplätze und Wassertröge gebaut werden.

Geht es den Tierpflegern gut, geht es auch den Schützlingen gut
Damit auf dem Gnadenhof Equidad alles im Lot ist, muss es auch den Tierpflegerinnen und Tierpflegern gut gehen. Viele von ihnen wirken auf Freiwilligenbasis mit, die Arbeit ist körperlich wie emotional sehr anspruchsvoll. Ihr Wohlergehen und ihre Motivation haben einen direkten Einfluss auf das Wohlergehen der Tiere.

Einerseits haben wir fliessend Wasser von unserer hauseigenen Quelle, die hochwertiges Trinkwasser liefert. Auch der Strom, inklusive Internet, funktioniert dank unserer Solarpanelen einwandfrei. Wir haben nun auch einen Gasboiler, somit muss das Team nicht zuerst mühsam Holz suchen und den Ofen anfeuern, um eine warme Dusche geniessen zu können. Auch die Waschmaschine funktioniert wieder. Die Unterkünfte auf dem neuen Hof sind im Vergleich zum alten um Meilen besser. So hat zum Beispiel fast jedes Zimmer ein eigenes Bad – was das Team als absoluten Luxus zu schätzen weiss. Damit die Infrastruktur auf den optimalen Stand gebracht werden kann, müssen die Hausdächer fertig abgedichtet werden, das Abwassersystem muss dringend erneuert werden, und es gilt, ein kleines Ein-Zimmer-Mitarbeiterhäuschen fertigzustellen.

Platz, Schutz und Sicherheit gegen Abgeschiedenheit
Dass sich der neue Hof mitten im Nirgendwo befindet – eine steinige, holprige 45-minütige Feldwegfahrt vom nächsten Dorf entfernt – hat ebenfalls zwei Seiten. So versteckt und weit weg von jeglicher Zivilisation zu sein, bietet einen natürlichen Schutz vor Pferdedieben. Mitten durch das Gebiet fliesst der wunderbare Fluss Rio San Gregorio, der das ganze Jahr über Wasser führt. Andererseits schreckt die steinige Feldwegfahrt auch mögliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Viele haben kein Auto und wenn, dann ist es uralt und nicht dafür gemacht, auf diesem rauen Terrain zu fahren.

Argentinien ist kein einfaches Land
Die Inflation wütet und bringt immense Unsicherheiten mit sich. Um die Infrastruktur unseres Gnadenhofs weiter aufzubauen, brauchen wir Arbeitskräfte, denen wir vertrauen können. Qualifizierte – und vor allem zuverlässige und vertrauenswürdige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, ist ein wahres Kunststück. Zum Glück ist es der Direktorin von Equidad, Alejandra Garcia, trotz allem gelungen, Teammitglieder zu finden, die sich den vielfältigen Aufgaben in Equidad gewissenhaft stellen.

Es gibt noch viel zu tun auf dem Gnadenhof, aber das Wichtigste haben wir zum Glück bereits geschafft: Unsere Tiere leben frei auf einem grossen, schönen Landstück weit weg und in Sicherheit vor Dieben!

Rettung in letzter Sekunde
Er war erst gerade geboren und lebte mit seiner Mutter auf dem Feld eines Bauern, da schlachteten Räuber seine Mutter wegen ihres Fleisches ab – vor seinen Augen. Sie verschonten sein Leben, aber nur, weil er zu dünn war und kein Fleisch an sich hatte. Sie liessen die Hälfte der toten Mutter neben ihm liegen. Das Kälbchen weinte und schrie in der Nacht, was Hunde anlockte, die es angriffen.Durch das laute Gebell wurden die Anwohnerinnen und Anwohner geweckt, darunter auch das berühmte argentinische Model Liz Solari, die Tier- und Umweltaktivistin ist. Sie und eine Nachbarin rannten auf das Feld und versuchten verzweifelt, die Hunde zu stoppen. Unter einem Strauch kauernd, in panischer Angst, fanden die zwei Frauen das frischgeborene Kälbchen übersät mit Biss- und Kratzwunden. Liz, die die Fondation Franz Weber kennt und unsere Arbeit sehr schätzt, fragte uns, ob wir das Kälbchen aufnehmen können. So brachte sie es am 30. September 2022 in ihrem Auto auf den Gnadenhof Equidad. Es hatte noch seine Nabelschnur.Das Equidad Team nannte ihn Garabato. Das ist der Name eines argentinischen, dornigen Strauchs, der ihm als Zuflucht diente, unter dem ihn seine Retter gefunden hatten. Vom ersten Tag an wurde er tierärztlich versorgt, und unsere Mitarbeiter fütterten ihn mit einem speziellen Milchpulver für Kälber. In den ersten Wochen hielten sie das niedliche und fragile Kälbchen in einem speziellen Gehege. So konnten seine körperlichen und seelischen Wunden heilen und er konnte die Angst vor Hunden überwinden.

Nun ist Garabato seit sechs Monaten auf dem Gnadenhof Equidad und hat sich zu einem starken, jungen Ochsen entwickelt. Er ist jetzt kastriert und kann frei auf Equidad herumlaufen und mit all den anderen Tieren spielen – am liebsten tut er dies mit den Ziegen. Es ist eine Freude, ihn in seinem neuen, sicheren Zuhause herumspringen zu sehen!

Das Verrückte an dieser Geschichte ist: Der Tod seiner Mutter hat ihm das Leben gerettet! Wäre sie nicht von diesen Räubern getötet worden, würde Garabato heute nicht mehr leben. Denn beide Tiere wurden von ihrem Besitzer zur Fleischproduktion gehalten und wären inzwischen bereits geschlachtet worden.

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