04.11.2022
Patrick Schmed

Fische aus Spanien – Tierleid bei jedem Biss

Auch bei Fischen gibt es Massentierhaltung, nämlich dann, wenn Seebrasse, Wolfsbarsch, Forelle und Steinbutt in Fischfarmen aufwachsen. Ein Enthüllungsvideo der Fondation Franz Weber zeigt erstmals die katastrophalen Bedingungen im zweitgrössten Exportland für Fisch in der EU.

«Made in China», «Hecho in Mexico», «Ursprung: Deutschland», «abgefüllt in der Schweiz» – auf diese Weise werden gemäss Gesetz die wichtigsten Bestandteile einer Ware deklariert. Bei Fleisch und Fisch muss die Herkunft sogar im Restaurant angegeben werden. Doch Hand aufs Herz – oder auf den Bauch: Wer liest die Deklaration bei jedem Konsum und wer kennt die Hintergründe, wenn ein Fisch beispielsweise aus Spanien stammt? Würden Sie darauf verzichten und stattdessen ein anderes Menü wählen? Die Fondation Franz Weber empfiehlt es dringend, denn ihr Enthüllungsvideo zeigt, dass die Tiere unter widrigsten Umständen gehalten werden. Und das nicht nur in Einzelfällen, sondern im grossen Stil in zwölf Fischfarmen des Landes.

Arm dran in der Fischfarm
Zwischen 2020 und 2022 wurden in zwölf spanischen Fischfarmen versteckte Kameras und Drohnen eingesetzt, um die Haltung von Seebrasse, Wolfsbarsch, Forelle und Steinbutt i n Fischfarmen zu untersuchen. Fischfarmen lassen sich mit Massentierhaltungsbetrieben vergleichen, denn hier leben eine Vielzahl von Tieren auf engstem Raum und unter niedrigen Tierschutzstandards. Die Aufnahmen zeigen, dass durchs Band Methoden eingesetzt werden, die den Konsumentinnen und Konsumenten den Magen umkehren würden, wenn sie davon wüssten. Es ist das erste Mal, dass die Standardmethoden der Fischfarmen in Spanien flächendeckend untersucht und der Öffentlichkeit enthüllt werden.

Massentierhaltung im Fischbecken
Werden zu viele Tiere auf engem Raum gehalten, so ergeben sich meistens Probleme, das gilt auch für Fische.

Auf den Bildern des Enthüllungsvideos sieht man überfüllte Becken, in denen tote Fische schwimmen. Schuld daran sind die Produktionsbedingungen und der unsachgemässe Umgang des Personals mit den Massen von Fischen. Auf einer Farm berichtete eine Mitarbeiterin von 1 823 verendeten Forellen und einen Schnitt von um die 1 300 – hier wird Tierleid wortwörtlich «en masse» betrieben.

Leidvoller Geschmack
Und es geht noch schlimmer. Um den Geschmack an die Forderungen gewisser internationaler Märkte anzupassen, werden Fische in spezialisierte Einrichtungen überführt. Hier werden sie mit Ozon als Oxidierungsmittel behandelt, drei Tage später werden sie getötet. Bei diesem Verfahren werden die Fische beim Hin- wie beim Rücktransport eng zusammengepfercht, mit einer Industriepumpe abgesaugt und in Becken ausgesetzt, die meist viel zu wenig Platz bieten.

Zu Tode gekühlt
Auch wenn die Methode von der Wissenschaft und von der Europäischen Union sowie anderen Behörden abgelehnt wird, wenden die meisten spanischen Fischfarmen die Lebendkühlung an, ohne die Fische vorher zu betäuben. Lebende Fische werden in eine Mischung aus Eis und Wasser oder direkt in Eis geworfen, wo sie langsam und leidvoll erfrieren oder ersticken. Bei Fischarten, die an Kälte gewöhnt sind, dauert der Todeskampf über eine Stunde, da der Stoffwechsel durch die Kühlung verlangsamt wird und der Sauerstoffbedarf sinkt. Ein Mitarbeiter einer Forellenfarm in Granada gab seine Beobachtung mit der Dauer von rund 90 Minuten an.

Erzwungener Nachwuchs
Alle sieben Monate muss ein Teil der Fische eine weitere grausame Tortur erleiden – das Zwangsablaichen. Der Enthüllungsbeitrag zeigt, wie Fische betäubt werden, um ihnen mit festem Druck auf den Bauch die Eier zu entnehmen. Der Geschäftsführer einer der Fischfarmen erklärt, dass das erzwungene Laichen Verletzungen oder sogar den Tod des Fischs zur Folge haben kann. Trotzdem ist auch die Anwendung dieser Methode kein Einzelfall, denn schliesslich braucht die Fischfarm Nachwuchs, um ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen oder gar zu übertreffen. Doch zu welchem Preis. Das fragt man sich beim Betrachten des Videobeitrags.

Zeit hinzuschauen
«Spanien weicht von den Empfehlungen der Wissenschaft und der EU ab, indem verbreitet Methoden wie Tötung durch Eis ohne Betäubung angewandt werden», sagt Rubén Pérez, Kampagnenleiter und Lobbyist der Fondation Franz Weber. Diese und weitere Methoden seien abzulehnen, da sie unnötiges Leid mit sich bringen und dem Tierwohl massiv zuwiderlaufen, betont er. Es sei Zeit, das Tierwohl von Fischen in Aquakulturen anzusprechen.

Zeit zu handeln
«Die Zuchtbranche entwickelt sich rasant», beobachtet der Fachmann besorgt. Auf der anderen Seite macht die Wissenschaft grosse Fortschritte in Bezug auf die Physiologie und das Verhalten von Fischen, und wir müssen sie als Lebewesen verstehen, die Leid empfinden. Dieses kann man am gezieltesten durch ein Kopfschütteln reduzieren, nämlich immer dann, wenn als Herkunft bei Fisch Spanien auf dem Etikett oder auf der Deklaration steht.

Share this