08.07.2021
Jean-Charles Kollros

Lavaux wieder in Gefahr!

Dank den von Franz Weber lancierten Initiativen wurde der Schutz der Weinberge im Lavaux in der Waadtländer Verfassung verankert und die Region zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Doch die Regierung will diesen Schutz aufweichen. Zudem haben die Behörden mitten im Herzen des Lavaux einen Monsterbau bewilligt. Helvetia Nostra und der Verein Sauver Lavaux kämpfen für die Erhaltung der Schutzmassnahmen sowie mit einer Beschwerde vor Bundesgericht gegen das Bauprojekt.

Die Weinberge von Lavaux am Genfersee gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe und zum Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung (BLN). Doch der wunderschönen Region am Genfersee droht Gefahr. Zwei entscheidende Faktoren symbolisieren die reale Bedrohung: Da ist zum einen die Zustimmung des Waadtländer Kantongerichts, welches ein unsinniges Immobilienprojekt im Dezaley ermöglicht. Zum anderen geht es um die Absicht der Kantonsregierung, sich mit dem veränderten kantonalen Nutzungsplan (PAC) Lavaux von der historischen Ausrichtung – dem Weinbau – zu entfernen.

Der Verein Sauver Lavaux und die Stiftung Helvetia Nostra haben beim Bundesgericht Beschwerde gegen das Bauprojekt einlegt. Mit ihrem Kampf auf nationaler Ebene wollen Sauver Lavaux und Helvetia Nostra einen Präzedenzfall verhindern. Es geht aber auch darum, sich nicht dem Risiko auszusetzen, die geschützte Anerkennung des Gebiets zu verlieren – ganz abgesehen von dem drohenden und immensen Imageschaden für die Schweiz.

Franz Webers Errungenschaften
Der Erhalt der Weinberge von Lavaux ist dank der von Franz Weber lancierten Initiativen eindeutig in der Waadtländer Verfassung festgehalten. Die konkrete Umsetzung des Schutzes dieses Gebiets wird tagtäglich durch den Verein Sauver Lavaux unter der Leitung von Suzanne Deblüe und Vera Weber sichergestellt. Der Verein übernimmt die Funktion eines Wachpostens. Diese Wachsamkeit reicht aber bedauerlicherweise nicht aus: Trotz des Verfassungsartikels und des Durchführungsgesetzes sowie der Aufnahme ins UNESCO-Welterbe und ins BLN wird die atemberaubend schöne Region schleichend und kontinuierlich verunstaltet.

Gestärkt durch die siegreiche Rettung der Region und die dadurch gewonnenen Einsichten, schien es vorhersehbar, dass die Waadtländer Kantonsbehörden die mit Spannung erwartete Bearbeitung des kantonalen Nutzungsplans (PAC) Lavaux dazu nutzen würden, den Willen des Volkes umzusetzen, den Ton zu verschärfen oder zumindest eine klare Bereitschaft an den Tag zu legen, die der Gerechtigkeit dient.

Regierung gegen Volkswillen
Doch genau das Gegenteil ist eingetreten! Der Waadtländer Regierungsrat veröffentlichte erst kürzlich sein Projekt und stellte es dem Grossen Rat vor. Darin enthalten sind «einige Vorschläge für Änderungen der Vorschriften, die das Weinanbaugebiet, die Häuschen und die Steinmauern betreffen ». Es sind de facto Änderungen, die keineswegs in Richtung «höherer Schutz» weisen. Sie gehen sogar in die falsche Richtung. Die bestehenden Winzer-Häuschen könnten nämlich mit der Zeit in Mini-Luxushäuser umfunktioniert werden! In Tat und Wahrheit ignoriert die Kantonsexekutive die 2019 von Sauver Lavaux und Helvetia Nostra gemeinsam mit anderen Organisationen formulierten Einwände und schlägt ein lediglich um «Nuancen» verändertes Projekt vor.

Doch diese «Nuancen» würden die Region von ihrer weltbekannten historischen Berufung entkoppeln, und das ist der Weinbau! Schlussendlich sind sich alle Experten einig und anerkennen die Tatsache, dass die Tradition des Weinbaus die Landschaft seit jeher prägte und auch weiterhin prägen soll. «2019 wiesen wir bereits auf konkrete Schwächen und Unstimmigkeiten im PAC Lavaux hin. Insbesondere fand die versprochene Auflösung der Zonen bebaubarer Parzellen nicht statt. Zudem würden zu viele Ausnahmen die Immobilienentwicklung stärken und den Weinbau schwächen, indem Gebäude erlaubt werden, die nichts mit dem Metier zu tun haben», fasst es Suzanne Deblüe, Präsidentin von Sauver Lavaux, zusammen. Und sie wird noch deutlicher: «Der Regierungsrat hat seine Verpflichtungen zum Schutz des Standorts nicht erfüllt und schlägt nun dem Grossen Rat sogar vor, diese Verfehlungen für gültig erklären zu lassen».

Ein zerstörerisches Bauprojekt Der Trend, das malerisch schöne Gebiet kontinuierlich zu verunstalten, zeichnet sich deutlich sichtbar ab vor Ort. Da wäre zum Beispiel das völlig überzogene Immobilienprojekt in Treytorrens (Puidoux) im Dezaley, für das die Gruppe Orlatti verantwortlich zeichnet, die wiederum nicht gerade für ihre Liebe zur Natur und zur Landschaft bekannt ist. Sauver Lavaux und Helvetia Nostra haben gegen dieses masslose Projekt 2020 eine Einsprache eingelegt. Sauver Lavaux und Helvetia Nostra sind überzeugt, dass dieses Monsterprojekt, das gehobene Unterkünfte, ein Hotel, ein Restaurant, Geschäfte und eine Tiefgarage mit 49 Parkplätzen umfasst, wahnwitzig, ja sogar skandalös ist. Man muss bedenken, dass dieses Vorhaben im Herzen eines durch das ISOS (Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung der Schweiz) geschützten Weinbauorts realisiert werden soll. Nichtsdestotrotz genehmigte das Kantonsgericht das Projekt.

Die Öffentlichkeit wachrütteln
Sauver Lavaux und Helvetia Nostra haben nun vor dem Bundesgericht Beschwerde eingelegt gegen dieses absolut skandalöse Bauprojekt. Beide Vereinigungen, durch zahlreiche Erfahrungen und praktisches Handeln gestärkt, sind der klaren Meinung, dass das Kantonsgericht nicht alle relevanten Anliegen korrekt beurteilt hat. Das gilt insbesondere für die Aufnahme des Weilers in das ISOS. Kommt die Sache durch, würde ein äusserst bedenklicher Präzedenzfall geschaffen, der dem Schutz des Lavaux-Gebiets diametral entgegenliefe. Angesichts der grossen Gefahr, möchte Sauver Lavaux die Öffentlichkeit wachrütteln und das wiederum ist nur möglich, wenn in den Medien die Alarmglocken geläutet werden – im ganzen Land und darüber hinaus!

Das Schlusswort hat Vera Weber, die neben Suzanne Deblüe als Speerspitze von Sauver Lavaux und als Präsidentin von Helvetia Nostra eine Doppelfunktion erfüllt: «Mit diesem Vorgehen besteht die grosse Gefahr, dass das Lavaux entstellt, verunstaltet und nach und nach zerstört wird, was wiederum die Anerkennung durch die UNESCO aufs Spiel setzt. Nachdem der Kanton seinen Verfassungsauftrag nicht ernst zu nehmen scheint, muss der Schutz dieses einzigartigen Erbes des Weinbaugebiets Lavaux auf nationaler Ebene geregelt werden, und das geschieht zunächst über das Bundesgericht. Wir werden bis zum Schluss kämpfen und fordern bereits jetzt alle Bürgerinnen und Bürger im Land auf, uns beim Schutz dieser einzigartigen Region zu unterstützen».

 

Mehr Informationen:

  • Unsere Projektseite «Lavaux»
  • Dieser Artikel wurde erstmals im Journal Franz Weber 136 publiziert. Die PDF-Version aller bisheriger Journale finden Sie hier.
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