Auch 2020 waren viele wichtige Schutzgebiete für Artenvielfalt und Biodiversität akuten Bedrohungen ausgesetzt. Dazu gehören eine Zunahme der Wilderei, bewaffnete Konflikte in Krisengebieten und noch nie da gewesene klimabedingte Naturkatastrophen. In solchen Notsituationen geht für die Organisation von Interventionen meist wertvolle Zeit verloren, in der das Naturerbe der Welt irreparable Schäden erleidet. Mit der Rapid Response Facility kann in solchen Krisensituationen schnell und unkompliziert Hilfe geboten werden.
Die Fondation Franz Weber (FFW) ist seit 2013 eine wichtige Partnerin der Rapid Response Facility, welche 2006 vom UNESCO Welterbe-Zentrum sowie von Fauna & Flora International (FFI) ins Leben gerufen wurde. Die FFW steuert als Mitglied im Entscheidungsgremium Wissen und Erfahrung bei, die für den Bestimmungsprozess und die strategische Ausrichtung des Fonds bedeutend sind. Ausserdem stellt die FFW wesentliche finanzielle Mittel zur Verfügung. 2020 unterstützte die RRF fünf Schutzgebiete mit insgesamt 181 677 US-Dollar.
Virunga-Nationalpark (Demokratische Republik Kongo)
Der Virunga-Nationalpark ist der älteste Nationalpark Afrikas. Aufgrund seiner einmaligen Artenvielfalt, darunter bedrohte Arten wie der Berggorilla, steht der Nationalpark seit 1979 auf der Liste des Weltnaturerbes. Von den Sümpfen und Steppen des Tieflandes bis hin zu den Schneefeldern der Berge, hat eine Kette aktiver Vulkane eine unvergleichliche Vielfalt an Lebensräumen geschaffen.
Die Region leidet jedoch seit Jahrzehnten unter chronischer Instabilität, was zu einer zunehmenden Abholzung der Wälder und unkontrollierter Wilderei führt. Ende 2019 haben sich die Auseinandersetzungen zwischen den Regierungstruppen der Democratic Republic of the Congo (DRC) und den bewaffneten Gruppen der The Armed Forces of the Democratic Republic of the Congo (FARDC) zugespitzt. Trotz der angespannten Situation haben die zuständigen Parkranger weiterhin patrouilliert und ihre nicht einfache Aufgabe erfüllt. So konnten sie die herausragende Artenvielfalt des Parks und die Menschen, die in diesem Habitat leben, bis anhin gut schützen.
Anfang 2020 haben sich die Spannungen in Rumangabo in der Nähe des Hauptquartiers des Parks weiter verschärft. Bedauerlicherweise wurden am 24. April 2020 die Bewohner im Park Zeuge eines noch nie dagewesenen Ausmasses gezielter Gewalt. 17 Menschen wurden bei diesem brutalen Akt getötet, davon zwölf Ranger, vier Zivilisten und ein Fahrer. Drei Personen erlitten schwere Verletzungen.
Die von der RRF geleistete Unterstützung für die Virunga Foundation, die den Park zusammen mit dem kongolesischen Institut für Naturschutz (ICCN) verwaltet, wird es den Rangern und der Parkverwaltung ermöglichen, die negativen Folgen der Kämpfe zu bewältigen. Und es wird zudem durchführbar sein, die betroffenen Gemeinden sowie den Virunga-Nationalpark mit seinem universellen Wert weiterhin zu schützen.
Bwindi impenetrable National Park (Uganda)
Der Bwindi Impenetrable National Park in Uganda beherbergt ungefähr die Hälfte einer der ikonischsten bedrohten Tierarten der Welt – den Berggorilla. Die durch das neue Coronavirus verursachte Krankheit Covid-19 stellt insofern eine Bedrohung für die Gorillas dar, da diese Tiere evolutionär bedingt eng mit dem Menschen verwandt sind. Neben dem Risiko einer Übertragung des Virus vom Menschen auf die Gorillas, ist zudem aufgrund des pandemiebedingten wirtschaftlichen Stillstands im Land, die Bedrohung durch illegale Aktivitäten im Park gravierend angestiegen.
Die RRF stellt daher der Uganda Wildlife Authority eine Notfinanzierung zur Verfügung, um einen möglichst virussicheren Umgang mit den Tieren zu ermöglichen. Dazu gehört u.a. die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung für Mitarbeiter, die direkt mit den Gorillagruppen interagieren. Obwohl alle Touristenbesuche eingestellt wurden, wird ein wichtiges Monitoring aufrechterhalten, um den Gesundheitszustand der Bevölkerung während der Pandemie zu verfolgen und eine schnelle Reaktion auf einen möglichen Ausbruch der Krankheit zu ermöglichen.
Biosphärenreservat Yabotí (Argentinien)
Das Biosphärenreservat Yabotí ist in der argentinischen Provinz Misiones zwischen Paraguay und Brasilien gelegen. Es ist Teil des atlantischen Waldbioms, einem der weltweit dichtesten Gebiete für Biodiversität. Im vergangenen Jahr kam es in Yabotí zu einem dramatischen Anstieg der Wilderei und auch die Zahl der schwer bewaffneten Wilderer ist markant angestiegen. Dies hatte in der Region einen starken Rückgang einzelner Tierarten zur Folge und das sowohl bei den Raubtieren (z. B. Jaguar, Puma, Tirica und Buschhund) als auch bei deren Beutetieren (z. B. Tapir, Weisslippen-Pekka und Paca).
Aus diesem Grund hat die RRF im Februar 2020 den lokalen Organisationen Hilfsgelder bereitgestellt, damit die Wilderei im Reservat langfristig bewältigt und somit das Überleben der reichen Artenvielfalt des Reservats gewährleistet werden kann.
Sundarabans-Nationalpark (Indien)
Die Sundarbans sind der grösste zusammenhängende Mangrovenwälder der Welt und erstrecken sich über Indien bis hin nach Bangladesch. Sie sind die Heimat zahlreicher Tierarten, unter anderem des bengalischen Tigers.
Die indischen Sundarbans sind auch die Heimat von 4,5 Millionen Menschen, welch in unmittelbarer Nähe zu diesen Wäldern leben und von ihren natürlichen Ressourcen abhängig sind. Die Gemeinschaften riskieren damit oft den engen Kontakt mit wilden Tieren. Leider können diese Interaktionen zu tragischen Todesfällen führen. Das geschieht sowohl auf der Seite der Menschen als auch auf derjenigen der Tiere. Um diese bedauerlichen Zwischenfälle zu reduzieren wurden entsprechende Tigerzäune errichtet, welche sicherstellen, dass die jeweiligen Lebensräume voneinander getrennt sind.
Im Mai 2020 zerstörte der verheerende Super-Zyklon «Amphan», der mit einer Geschwindigkeit von etwa 130 Kilometer pro Stunde über das Gebiet fegte, einen Grossteil dieser Tigerzäune. Dank der schnellen finanziellen Unterstützung der RRF konnte die Forstdirektion von Westbengalen in Zusammenarbeit mit dem WWF Indien rund 50 Kilometer der Schutzzäune wieder herstellen. Seit der Wiederinstandstellung gab es keine tödlichen Vorfälle mehr zwischen Menschen und Tigern.
Pantanal Conservation Area (Brasilien)
Die Pantanal-Region ist das grösste tropische Feuchtgebiet der Welt und liegt hauptsächlich in Brasilien, es erstreckt sich aber auch nach Bolivien und Paraguay. Die Weltnaturerbestätte Pantanal Conservation Area, Teil des grösseren Pantanal-Biosphärenreservats, umfasst ein beträchtliches Gebiet des brasilianischen Pantanals mit besonders hoher ökologischer Bedeutung. Diese Bezirke schützen zahlreiche bedrohte Arten. Dazu gehören die bedeutende Jaguar-Population, das Riesengürteltier, der Riesenameisenbär, der Riesenotter, der Sumpfhirsch sowie der Hyazinth-Ara.
Eine schwache Regenzeit im Jahr 2019 führte dazu, dass der Paraguay-Fluss den niedrigsten Stand seit 50 Jahren erreichte. Der Mangel an Regen, begleitet von einer niedrigen Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen, hat im Sommer 2020 zu verheerenden Bränden von noch nie dagewesenem Ausmass geführt. Davon waren an die 1,6 Millionen Hektar des artenreichen Feuchtbiotops betroffen. Starke Winde und die Lage aktiver Brände stellten eine akute Gefährdung und eine existenzielle Bedrohung für die Artenvielfalt des Waldes dar. Tiere, die sich nicht schnell bewegen können, wie beispielsweise Kaimane, Schlangen und Tapire, sind in solchen Situationen besonders gefährdet.
Im August 2020 gewährte die RRF einen Zuschuss an das Instituto Homem Pantaneiro. Dabei handelt es sich um eine der wichtigsten Organisationen, die sich für den Erhalt des Pantanal-Gebiets einsetzt. Sie ist bei der Koordinierung der Brandbekämpfung in den brasilianischen Feuchtgebieten zu einem unverzichtbaren Faktor geworden.
Die Fondation Franz Weber ist stolz darauf, im Rahmen der Rapid Response Facility und in Zusammenarbeit mit der UNESCO sowie Fauna & Flora International, effiziente Hilfe für den Schutz der Artenvielfalt und der Biodiversität leisten zu können.
Die Rapid Response Facility (RRF) Die RRF ist ein Notfallfonds, der in akuten Krisensituationen Zuschüsse für Schutzgebiete bereitstellt. Insbesondere werden Bemühungen zur Linderung von Katastrophensituationen, die Wildtiere in UNESCO-Weltnaturerbestätten betreffen, finanziert. Bei Notfällen kann die RRF Soforthilfen von bis zu 40 000 US-Dollar ausschütten. Indem sie den relevanten Akteuren ermöglicht, solche Notfälle ohne langwierige Bürokratie innerhalb von wenigen Tagen anzugehen, investiert die RRF ins langfristige Überleben einmaliger Naturstandorte und ihrer Artenvielfalt. www.rapid-response.org |
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