Pelz ist wieder überall zu sehen. Die tierverachtende Mode zieht uns mit Bommeln, Bordüren und flauschigen Kapuzen buchstäblich das Fell über die Ohren. Unvorstellbares Leid für über 100 Mio. Pelztiere ist die Folge. Doch Pelz ist nur schön an den Tieren, die damit geboren wurden!
Januar 2017. Estazione de Trastevere, Rom. Regen. Kalt. Ich steige in eine halbvolle Strassenbahn ein. Es stinkt nach Hund, nach nassem Hund. Doch nirgends stösst mein su- chender Blick auf einen treuen Vierbeiner. Was meine Augen stattdessen entdecken, lässt mich erschaudern: Etwa drei Viertel der Passagiere tragen Pelz! Bordüren an Kapuzen, Handschuhen und Stiefeln. Bommel an Mützen und Hand- taschen – alles Echtpelz! Jetzt ist es klar, weshalb es nach nas- sem Hund stinkt. Der Deko-Pelz, der ja nicht mal wärmt, stammt vor allem von Marderhunden, die zur Familie der Hunde gehören. An der nächs- ten Station steigt eine ältere Dame ein mit zwei Hunden: den einen an der Leine und den anderen tot, gehäutet um den Hals. Was soll denn diese Ignoranz? Wie kann man den einen lieben und den anderen gleichzeitig als Kadaver um den Hals tragen? Wie kann man sich derart vom gesunden Menschenverstand abkoppeln, um diese Verbindung nicht herzustellen?
Milliarden-Industrie
Wir hatten schon mal bessere Zeiten. Als 1994 die fünf bekanntesten Topmodels für die Kampagne «Lieber nackt als mit Pelz» posierten, sah es noch so aus, als hätte sich der Markt vom Pelz verabschiedet. Pelz zu tragen war verpönt, ja sogar ein so- ziales Verbrechen. Jedoch zwei Dekaden später, 2015, zeigten 73 Prozent der 436 Modeshows in New York, Paris, Mailand und London Pelz. Pelzfarmen dominieren heute den Handel und die Produktion hat sich von den 90er-Jahren bis 2016 mehr als verdoppelt, auf hundert Millionen Pelze jährlich. Die Pelzindustrie ist ein sehr lukratives Geschäft. Eine Studie im Auftrag der International Fur Federation von 2014 besagt, dass die Pelzindustrie weltweit mehr als 40 Milliarden US-Dol- lar umsetzt.
Blutiger und stupider Trend
Die grossen Designermarken haben das Tabu gebrochen; den Pelz wieder auf die Laufstege gebracht und somit den Trend des Pelztragens wieder eingeführt. Die Pelzindustrie versucht mit allen Mitteln, das Ansehen von Pelz in der öffentlichen Wahrnehmung zu ändern: von unnötig, dekadent, tierquälerisch – zu schön, modern, natürlich. Die Pelzlobby hat klare Strategien entwickelt, Pelz wieder als Normalität im Markt unterzubringen. So werden etwa junge Designer mit Pelzmustern überschüttet, um diese in ihre Kreationen einzubringen. Grosse Marken setzen den Trend und die Kleineren folgen. Es ist nicht ungewöhnlich, selbst Nicht-Markenjacken mit Echtpelzbordüren für lediglich 50 Euro zu finden. Denn für ein Stück Pelz, das sich als Kapuzenbordüre eignet, bekommt ein chinesischer Händler umgerechnet lediglich ca. 4 Euro.
Die Kim Kardashian-It-Girls tragen ihn und über die sozialen Medien wird er als wunder- schön und trendy dargestellt. Die Jungen werden desensibili- siert, sodass ihn sogar das nette Mädchen von nebenan auch ha- ben will. Wenn wir aber verste- hen, wieviel Tierleid dahinter- steckt, wieviel Blut an jedem ein- zelnen Pelzstück klebt, für das der Konsument schlussendlich verantwortlich ist, sieht die Sa- che wieder ganz anders aus.
Immenses Tierleid
Egal ob aus der Farm oder vom wildgefangenen Tier: Jedes Stück Pelz hat für seinen ursprünglichen Träger unvorstellbares Leid bedeutet – und den Tod. Die Tötungsmethoden sind stets absolut grausam. In Europa kommt hauptsächlich die Vergasungsbox zum Einsatz. In China – das 80 Prozent aller Pelze weltweit produziert – werden Katze, Hund, Nerz und Fuchs erschlagen, erwürgt, erhängt, ertränkt, vergiftet, durch analen Stromschlag getötet – oder gleich lebendig gehäutet. Auch die Haltungsbedingungen auf den Pelzfarmen sind abscheulich: Die sensiblen Kreaturen leiden Höllenqualen in engsten, verdreckten Drahtkäfigen. Doch nicht nur in China werden die Tiere horrend gehalten und qualvoll getötet. Recherchen auf Dutzenden Pelzfarmen in Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland, Polen, Deutschland, Russland und den USA zeigen, dass Tiere auch da unter brutalsten Bedingungen auf ihre Hinrichtung warten. Erfreulicherweise duldet die Schweiz keine Pelzfarmen. Doch mit dem Import und Kauf von Pelzprodukten sind wir auch hierzulande mitverantwortlich für die Widerwärtigkeiten der boomenden Pelzindustrie.
Und was ist mit Kunstpelz?
Hier scheiden sich die Geister etwas: Einerseits wird moniert, auch synthetische Pelzfabrikate förderten den Pelzabsatz insgesamt, da die Grenze zwischen echt und synthetisch für den Laien mangels Deklaration undurchsichtig sei. Auf der anderen Seite macht Kunstpelz den schicken Pelzmantel ohne Tierleid möglich.
Zudem belasten Echtpelzprodukte die Umwelt: Um die Tierhäute vor der Verwesung zu bewahren, braucht es giftige Chemikalien. Allein Dänemark setzt für die Konservierung der Häute von über zwei Millionen getöteten Nerzen jährlich mehrere Tonnen Ammoniak frei. So kann Echtpelz nie als eine «natürliche, erneuerbare, biologisch abbaubare Ressource» angesehen werden. Und schon gar nicht als modern und schön. Denn Pelz ist und bleibt nur schön an den Tieren, die damit geboren wurden.
Echt oder künstlich? Zur Unterscheidung von Echt- und Kunstpelz eignen sich zwei simple Tricks: 1.) Einige Haare vom Pelz ab- schneiden und anzünden. Riecht es nach verbranntem Haar, ist er echt. |
Tragen Sie keinen Pelz – weder gekauft, noch geschenkt! Im Geschäft stets fragen, ob es sich um Echt- oder Kunstpelz handelt. Bei Echtpelz das Ladenmanagement ansprechen und es auf die Grausamkeiten aufmerksam machen. Klare Deklaration fordern. Das Gespräch mit Pelzträgern auf der Strasse suchen und ihnen einen «Stopp Pelz»- Flyer der aktuellen Antipelz-Kampagne der Fondation Franz Weber (FFW) aushändigen. Nur mit Bildung und Sensibilisierung kann Ignoranz bekämpft und das Bewusstsein und Mitgefühl der Menschen erhöht werden. |
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