30.10.2020
Julia Fischer

Einem Refugium und Wanderkorridor für gefährdete Arten droht die Zerstörung

Im wertvollsten Naturschutzgebiet der Region Basel, das gleichzeitig einer der wichtigsten Trocken-Lebensräume der Schweiz ist, soll ein neues Hafenbecken und ein Containerterminal gebaut werden. Deshalb: Nein zum Hafenbecken 3 in Basel!

Laut Initianten soll damit der Güterverlad auf die Schiene gefördert werden. Mit dem Argument soll dem Projekt ein «grüner Anstrich» verpasst werden. Doch die Hochrechnungen und Versprechungen der Befürworter werden von unabhängigen Fachleuten stark bezweifelt. Dank dem Referendum, welches die Fondation Franz Weber (FFW) gemeinsam mit weiteren Umweltschutzorganisationen im Frühjahr 2020 ergriffen hat, werden die Basler Stimmberechtigten am 29. November 2020 das letzte Wort über diese unverschämte Zerstörung geschützter Natur erhalten.
Ein Kilometer vom Rhein entfernt soll in Basel aus Steuergeldern ein komplett neues Hafenbecken und ein riesiger Güterumschlagplatz entstehen, das sogenannte «Gateway Basel Nord». Hier soll dereinst der Grossteil des Schweizerischen Container-Im- und Exportes stattfinden. Brisant an der Sache: SBB Cargo und das Bundesamt für Verkehr planten dieses Mega-Containerterminal aufgrund der zentralen Lage zunächst im Mittelland – dort scheiterte das Projekt aber am Widerstand durch die dortige Bevölkerung und Behörden gegen Mehrverkehr und Gefahrengütertransporte. Nun soll das Terminal in Basel gebaut werden, kombiniert mit einem neuen, unnötigen und vor allem laut Schifffahrtsexperten fehl konstruierten Hafenbecken, um den Anschein zu erwecken, das Terminal könne aufgrund des Rheinanschlusses nur in Basel liegen. Doch das ist nicht alles.

Ein Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung soll weichen
Das Gelände, auf dem das Megaterminal künftig 260 000 Container umschlagen will, ist ein Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung im Bundesinventar der Trockenwiesen und -weiden. Es ist eines der letzten seiner Art, denn seit dem Jahr 1900 sind 95 Prozent aller Trockenlebensräume in der Schweiz verschwunden. Nachdem die Fläche anfangs des 20. Jahrhunderts als Rangierbahnhof des Badischen Bahnhofs genutzt worden war, wurde das Gelände seit Ende der 1980er-Jahre nicht mehr benötigt. Im Auftrag des Kantons Basel-Stadt wurde es aber gepflegt und offen gehalten, womit die Trockenwiesen und Ruderalflächen im Lauf der Zeit zu einem einmaligen Refugium für Tiere und Pflanzen wurde. Gleichzeitig wurde es zum zentralen Teil des Wanderkorridors, der diesen Arten im Zuge des Klimawandels eine Verschiebung in Nord-Süd-Richtung erlaubt. Gefährdete Tierarten wie der Himmelblaue Steinkleebläuling, die Schlingnatter und auch der Feldhase haben auf der 20 Hektar grossen Fläche ein Zuhause gefunden, genauso wie über 400 – eine Vielzahl davon gefährdete – Pflanzenarten. Doch dies kümmert ein Grossteil der amtierenden Politikerinnen und Politiker Basels nicht. Das Argument: «Klimaschutz».

Der «grüne Anstrich»: Ein neuer Trick
Unter diesem Deckmantel versprechen die Initianten des geplanten «Gateway Basel Nord» «ein Miteinander von Natur und Logistik». Die angepriesene Güterumlagerung von der Strasse auf die Schiene der Befürworter klingt gut, hält der Realität allerdings nicht stand: Von den per Schiff in Basel eintreffenden Containern werden heute tatsächlich nur 8 Prozent auf die Bahn verladen. Der Grund für diese geringe Zahl ist, dass innerhalb der Schweiz die wenigsten Endkunden einen direkten Bahnanschluss haben. Die Kosten und der Zeitverlust für den zweimaligen Umschlag – in Basel vom Schiff auf die Bahn und irgendwo in der Schweiz dann auf den LKW – machen den Zwischenverlad auf die Bahn komplett unrentabel. Durch den Bau des «Gateway Basel Nord» und Hafenbecken 3 würden deshalb keine LKW-Fahrten eingespart, sondern die Zahl der umgeschlagenen Container würde massiv erhöht. Die angestrebte Zentralisierung des Containerverkehrs würde zu weiteren Lastwagenfahrten und Gefahrengütertransporte durch Basel führen. Kein Klimaschutz, sondern eine massive zusätzliche Umweltbelastung wären die Folge – und die Zerstörung eines Naturrefugiums gefährdeter Arten. Der vorgebliche Zweck soll die Mittel heiligen.

Ersatzflächen für einmaliges Ökosystem: Ein Ding der Unmöglichkeit
Die Befürworter behaupten an dieser Stelle, für einen «angemessenen Ersatz » der Naturschutzflächen, welche durch das Grossprojekt zerstört würden, zu sorgen. Dies ist eine Auflage des Bundes für die Projektdurchführung. Nur dann wird das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die «Anpassung Mobilität» des Basler Richtplans, welche für den Bau des Container-Terminals nötig ist, genehmigen. Doch die Suche nach den sogenannten adäquaten «Ersatzflächen » gestaltet sich schwierig. Denn in der Realität kann ein aufgrund seiner Fauna und Flora besonders wertvoller Standort – über die Jahre zu dem gewachsen, was er heute ist – nicht einfach so an einen anderen Ort transferiert werden. Die Ankündigung der SBB, dass Ersatzflächen zerstückelt entlang von bestehenden Bahnlinien gefunden und geschaffen werden könnten, wirkt geradezu grotesk wenn wir uns vor Augen führen, was hier auf dem Spiel steht: Kommt dieses Projekt zustande, verlieren die im jetzigen Naturschutzgebiet lebenden Tiere und Pflanzen unwiderruflich ihr Zuhause und ihr Leben.

Trotz Corona-Lockdown: 4281 Unterschriften für Referendum
Dennoch beschloss der Grosse Rat des Kanton Basel-Stadt am 12. Februar 2020, das 150-Millionen-Projekt zum Bau des neuen Hafenbecken 3 zu bewilligen, und damit das einmalige Naturschutzgebiet dem Untergang zu weihen. Dies konnte und wollte die Fondation Franz Weber nicht hinnehmen: Gemeinsam mit einer Vielzahl von Naturschutzorganisationen, Quartierbewohnern, Schiffsführern und Tierfreunden wurde das Referendum ergriffen. Und obschon die Unterschriftensammlung durch den Corona-Lockdown und den damit verbundenen Fristenstillstand eine grosse Herausforderung darstellte, konnten innert der Sammelfrist 4’281 Unterschriften gegen das Hafenbecken 3 an die Staatskanzlei Basel-Stadt übergeben werden – mehr als doppelt so viele als benötigt!
Dank diesem Eingreifen des Referendumskomitees und der Unterstützung unserer Gönnerinnen und Gönner in der Region Basel wird nun die Stimmbevölkerung des Kantons Basel-Stadt am 29. November 2020 über das Grossprojekt bestimmen können. Das Votum ist klar: «Nein zum Hafenbecken 3!»

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