Seit über einem Jahr verfolgen wir Kriegsgeschehen mit, als wäre es eine Liveübertragung. Wenn wir genauer hinschauen, sehen wir das Ergebnis von Gewalt zwischen den Lebewesen, das zur Normalität geworden ist.
Wir verfolgen die Liveübertragung eines Krieges, als wäre er das Finale der Fussballweltmeisterschaft. Mit diesem neuen Konflikt beobachten wir täglich mit einer gewissen Hilflosigkeit und einer besorgniserregenden Banalisierung, wie ein monströser Eisberg der Gewalt heranwächst. Doch machen wir uns nichts vor: Wir sehen nur seine Spitze. Und doch ist es das, was wir «Krieg» nennen.
Paradoxerweise versuchen gewisse Mächte, die Truppen in den Schützengräben mit pazifistischen Reden aufzurütteln, in denen das Ende des Friedens und der Beginn einer Zeit der Gewalt angekündigt wird. Viele von uns denken sich dabei, dass die Gleichung eigentlich umgekehrt werden muss.
Bekämpfung der strukturellen Wurzeln der Gewalt
Für die Menschen, die, ebenso wie ich, diese Einschätzung teilen, ist der Krieg nur die Spitze des Eisbergs, der letzte Akt eines zivilisatorischen Dramas, das Pfeifen eines Dampfkochtopfs unter Druck, der eine ganze Zivilisation auf kleiner Flamme kocht. Unserer Ansicht nach ist der Krieg nur das Ergebnis eines nicht enden wollenden Zyklus von zur Normalität gewordener Gewalt zwischen den Lebewesen. Dieser bildet die Basis des Eisbergs – und insbesondere die Basis der Gewalt, die die Menschen den Tieren antun. Die Strategien zur Banalisierung dieser Gewalt komplettieren das Konstrukt. Sie bilden die Deckschicht, die strukturelle Gewalt für jede Form der Argumentation, die jeden Appell an pazifistische Vernunft undurchdringlich macht.
Erziehung zum Frieden
Die Lobbys, die von gewalttätigen Gesellschaften profitieren, entwickeln unermüdlich neue Strategien, die diese Banalisierung begünstigen. Dieser Realität stellen wir uns entgegen: Seit 2012 engagieren wir uns im Rahmen unserer Kampagne «Kindheit ohne Gewalt», um Kinder und Jugendliche davor zu schützen, Gewalt gegen Tiere, wie etwa den Stierkampf oder die Jagd, miterleben zu müssen.
In diesem Sinne begrüssen wir die neuen öffentlichen Erklärungen des Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen. Darin werden die Länder, die Stierkämpfe zulassen, aufgefordert, Kinder von diesen grausamen Spektakeln fernzuhalten. Sie verstossen gegen die Allgemeine Erklärung der Rechte des Kindes.
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Gestützt auf diese Erklärung, haben wir uns an mehrere Hundert Abgeordnete in acht Ländern gewandt und konnten bereits erhebliche Fortschritte erzielen. Und zwar sowohl für die Rechte der Kinder als auch für die Rechte der in den Arenen misshandelten Stiere und Pferde. So wurde in Portugal die Anwesenheit von Kindern bei allen Stierspektakeln verboten. In Mexiko, genauer gesagt, im Staat Coahuila, untersagte der Gouverneur Minderjährigen die Teilnahme an Stierkämpfen. Der Entscheid fiel einige Monate, nachdem er unserer Präsentation vor den Vereinten Nationen im Jahr 2015 beigewohnt hatte.
Einigkeit macht stark
In den letzten Monaten konnten wir auch in Spanien Fortschritte verzeichnen, indem wir uns der Valedoría de Pobo y Justizia von Aragonien angeschlossen haben. Es handelt sich um eine Institution, die über die Wahrung der Bürgerrechte in der autonomen Gemeinschaft wacht. Das verleiht unserer Stimme mehr Gewicht, wenn es darum geht, die Behörden davon zu überzeugen, der Aufforderung der UNO zum Schutz der Kinder nachzukommen. Wir stützen uns auf verschiedene Studien, die bestimmte emotionale Probleme und Verhaltensweisen bei Kindern und Heranwachsenden damit in Verbindung bringen, dass sie in ihrer Kindheit oder Jugend Tierquälerei miterleben mussten. Mehrere Studien legen zudem nahe, dass die Beteiligung an Tierquälerei in der Kindheit oder Jugend ein wichtiger Faktor für antisoziales und aggressives Verhalten ist sowie ein Vorbote zwischenmenschlicher Gewalt im Erwachsenenalter (Ascione,2001; Ascione et al., 2006; Arkow, 2007).
Vorbeugen ist besser als heilen
So wie Gesundheit nicht nur die Abwesenheit von Krankheit bedeutet, so ist Frieden mehr als die Abwesenheit von Gewalt. Friede lässt sich als Kultur der Solidarität, der Kooperation und des Zusammenlebens inmitten einer notwendigen Vielfalt definieren. Er beinhaltet eine symbiotische Beziehung zur Natur und zu anderen Menschen. Der Friede basiert auf einem Netz sozialer und natürlicher Unterstützung, das mithilfe der Erziehung und Gesetzgebung geknüpft wird. Wir bemühen uns jeden Tag aufs Neue, dieses Ziel mit unseren Kampagnen zu erreichen. Denn trotz der aktuellen Umstände glauben wir mehr denn je an die Richtigkeit unseres Ideals.